LOMO

Lomo. Bildausschnitt, der die Familie von Karl beim Abendessen zeigt.
Bild: Mathias-Film

Worum geht’s?

Eckdaten des Films:

Ein Film von Julia Langdorf

Länge: 101 Minuten

Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2017, Deutschland

Produktion: Martin Heisler, Eva Kemme

empfohlen ab 12 Jahren, FSK 12

Schuljahre: Sekundarstufe I: ab Klasse 7 und Sek. II

„LOMO – The Language of Many Others“ erzählt die Geschichte von Karl, einem Jugendlichen aus Berlin, der sein Leben in einem Blog publik macht, so dass immer mehr Follower daran teilnehmen. Er vertraut sich seinen Followern im Netz an und dadurch gewinnt die Online-Community zunehmend Einfluss auf Karls Entscheidungen im realen Leben. Die Situation droht zu eskalieren, als Karl Anweisungen der Follower-Gemeinde befolgt, die seine Existenz betreffen. Nach und nach verliert Karl so die Kontrolle über sein Leben und überträgt Entscheidungen über sein Leben an seine Follower. Doch die Konsequenzen treffen Karl allein – ein riskantes Spiel beginnt.

Welche medienpädagogischen Themen werden im Film angesprochen?

  • Social Media
  • Internet
  • Follower
  • Online-Community
  • Selbstdarstellung
  • Digitalisierung
  • Wertebildung

LOMO – ein Film mit zahlreichen thematischen Anknüpfungspunkten

Der Spielfilm „LOMO – The Language of Many Others“ setzt sich mit verschiedenen Aspekten von Social Media auseinander. Immer mehr lässt der Film die Grenzen zwischen der realen und der digitalen Welt verschwimmen. Dies geschieht zum einen durch die Inszenierung und Visualisierung des Films. Die ständig neu hinzu kommenden Kommentare und Posts erzeugen Spannung und verdeutlichen den Druck, dem Karl ausgesetzt ist. Das zentrale Thema ist jedoch ein anderes: Karl veröffentlicht sein Leben im Blog und seine Follower gewinnen zunehmenden Einfluss auf Entscheidungen, die sein Leben betreffen. Dadurch verliert er nach und nach die Kontrolle über sein eigenes Leben. Somit entsteht der Eindruck, dass Karls digitale Identität sein reales Leben beherrscht.

Für die Behandlung des Films bieten sich mehrere thematische Anknüpfungspunkte an. Neben den (medien-)pädagogischen Themen Social Media, Online-Kommunikation, (exzessive) Mediennutzung oder beispielsweise Werte in sozialen Netzwerken, kann der Fokus auch auf biologische bzw. verhaltens- und entwicklungspsychologische Aspekte gelenkt werden.

Die Pubertät als Herausforderung und das Verhalten der Eltern

Schließlich ist das die Hauptfigur des Films: ein pubertierender Jugendlicher, der sich seiner eigenen Identität und seiner Zukunft noch sehr ungewiss ist. Der Film zeigt somit sehr anschaulich die Herausforderungen, mit der sich Heranwachsende in dieser Entwicklungsphase konfrontiert sehen. Dabei zeigt er druchaus unterschiedliche Rollen-Beispiele auf. Karls Schwester Anna ist eher zielgerichtet und zukunftsorientiert; Karl hingegen sucht noch nach dem Sinn des Lebens und ist sichtlich beschäftigt mit der Frage der Identitätsfindung („Wer bin ich?“).
Die Frage, die an dieser Stelle geklärt werden sollte ist: Wie äußert sich bei Karl bzw. Anna oder beispielsweise ihren MitschülerInnen Doro und Paul das Erwachsenwerden? Man spürt förmlich den Druck, dem Karl ausgesetzt ist. All die Erwartungen bezüglich Konformität, die seine Eltern in ihn setzen, kann er nicht erfüllen. Doch seine eigenen Wünsche, Sehnsüchte und Träume adäquat zu benennen, gelingt ihm auch nicht. Im Film führt das zu einer Abwärtsspirale.

Allerdings ist dies im echten Leben nicht die Regel: wenngleich solche Prozesse in der Pubertät häufig ablaufen, gelingt es dem weit überwiegenden Teil der Jugendlichen, die zahlreichen Veränderungs- und Entwicklungsprozesse entsprechend zu bewältigen und abzuschließen. Jedoch gibt es immer wieder auch Fälle wie im Film, in denen sich Jugendliche schwer tun und sich durch die (gesellschaftlichen) Erwartungen überfordert und alleine gelassen fühlen.

Bezugspersonen sind wichtig

Wichtig ist es dabei auch die Rolle der Eltern bzw. Bezugspersonen (PädagogInnen etc.) in den Blick zu nehmen. Schließlich gelingt speziell die Identitätsfindung, als zentrales Thema der Pubertät, über zwei Mittel: Vorbilder und Spiegelbilder. An beiden orientieren sich Kinder und Jugendliche. Vorbilder prägen Verhaltensweisen, die wiederum an Spiegelbildern ausprobiert und getestet werden. Für die Bewältigung und Beendigung dieser Entwicklungsphase ist diese Auseinandersetzung zwingend notwendig.

Mit der Zielgruppe sollte deshalb das Verhalten der Erwachsenen im Film besprochen und analysiert werden. Inwieweit gehen sie auf die Bedürfnisse von Karl angemessen ein? In welchen Situationen im Film äußert sich, dass sich die Jugendlichen – allen voran Karl – in einer schwierigen Lebensphase befinden? Auch kann darüber diskutiert werden, warum die Regisseurin Julia Langdorf das Alter der Akteure in der Pubertät wählte? Was möchte sie den ZuschauerInnen womöglich damit sagen?

Zum Einsatz in der (außerschulischen) Medienarbeit mit Jugendlichen

Offensichtlich bietet der Film zahlreiche Anknüpfungspunkte für (medien-)pädagogische Themen, u. a. Social Media, Online-Kommunikation, (exzessive) Mediennutzung oder Werte in sozialen Netzwerken an. Dabei ist es wichtig für Jugendliche zu verstehen, dass ihr Handeln im Internet zu jeder Zeit Spuren hinterlässt. Und wer online präsent ist, beeinflusst dadurch potenziell immer auch andere. Daher sollte man im Sinne der Verantwortungsethik stets die möglichen Folgen einer Handlung bedenken und abwägen – selbstverständlich nicht nur im digitalen Bereich.

Mit der unten aufgeführten Übung „Blogger ABC“ lässt sich dies gut aufgreifen. Sie ermöglicht es, sich spielerisch den Inhalten des Films zu nähern. Das anschließende Gespräch mit Jugendlichen kann dann davon handeln, warum ein fairer und respektvoller Umgang in sozialen Netzwerken wichtig ist und wie dies gelingen und aussehen kann. Dabei sollte auch eine angemessene Diskussionskultur thematisiert werden, mit den möglichen Schwerpunkten Hate Speech, Fake News oder (Cyber-)Mobbing. An dieser Stelle können die untenstehenden Materialien oder die bereits besprochenen Filmtipps wie „Call of Beauty“ (u. a. Authentizität, Selbstdarstellung in Social Media, Werbung), „Ich folge Dir“ (Stalking und Selbstdarstellung in Social Media) oder „Hasskommentare und falsche Likes“ Orientierung geben.

Auseinandersetzung mit digitalen Medien

LOMO bietet ebenfalls eine gute Grundlage, um sich über (digitale) Medien austauschen. Sicher gibt es einige Überschneidungspunkte zwischen den von Karl genutzten Medien und denen, die Jugendliche, aber auch Erwachsene alltäglich nutzen. Diesbezüglich bietet es sich an, das eigene Medienverhalten mit dem von Karl zu vergleichen: Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Was ist unterschiedlich? Welche Medien werden genutzt? Wo und wann? Daran anknüpfend kann auch eine (wissenschaftliche) Definition von Massenmedien, wie die des Kommunikationswissenschaftlers Gerhard Maletzke herangezogen werden:

„Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagenden und Aufnehmenden) an ein disperses Publikum vermittelt werden.“ (Gerhard Maletzke, Kommunikationswissenschaft im Überblick. Opladen 1998, S. 44-45)

Welche Grundaussagen enthält diese Definition? Ist sie heute noch zeitgemäß? Was könnte bzw. müsste man ergänzen – gerade mit Blick auf Social Media? Welche Vorschläge für Verbesserungen oder Erweiterungen haben die Teilnehmenden?
Anschließend können sich die Jugendlichen selbst Gedanken um eine eigene, eventuell einfachere und verständlichere Definition von (Massen-)Medien machen.

Zum Einsatz in der Arbeit mit Erwachsenen, SeniorInnen und PädagogInnen

Grundsätzlich sind die oben aufgeführten Anknüpfungspunkte auch für eine erwachsene Zielgruppe interessant und können nahezu analog angewendet werden. Interessant könnte es dabei vor allem sein, über die Rolle der Eltern zu sprechen. Schließlich sind die Erwachsenen oft selbst Eltern oder in ihrer Rolle als LehrerInnen oder PädagogInnen Ansprechpartner für Heranwachsende. Erwachsene Bezugspersonen agieren daher stets als Vorbilder. Wie bewerten und reflektieren die Teilnehmenden das Verhalten der Eltern in Bezug auf die Bedürfnislage Karls?
Auch im Hinblick auf die besondere Lage, in der sich Karl als Pubertierender befindet, können die Erwachsenen mit Sicherheit (eigene) Beispiele benennen und das Ganze in einem Gesamtkontext besser verorten. Wichtig ist es dabei jedoch im Vorhinein zu klären, dass innerhalb der Gruppe ein „geschützter Rahmen“ besteht und die eventuellen Wortbeiträge von TeilnehmerInnen wertgeschätzt werden sollten. Alles beruht auf Freiwilligkeit und sollte daher in einem guten Vertrauens-Rahmen geschehen.

Ein weiterer Aspekt der Diskussion kann die Intention des Films in seiner Gänze sein:

  1. Warum wurde der Film LOMO produziert? Welche Intention oder Gründe könnte die Regisseurin gehabt haben?
  2. Welchen tieferen Sinn hat der Film? Wie wichtig ist die Thematik des Films?
  3. Was lässt sich anhand des Films lernen? Was ist wichtig?

Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit

Rollenspiel

Diese Übung zielt darauf ab, das Verhalten der Eltern näher in den Blick zu nehmen und es zu bewerten. Dazu werden zuerst unterschiedliche Rollen definiert. Hier macht es Sinn die Rollen Mutter, Vater sowie eine neutrale dritte Person wie z.B. einen Moderator zu vergeben. Neben der Verteilung der Rollen sollten sich die jeweiligen Parteien auch entsprechend ihrer Rollen auf eine Diskussionsrunde vorbereiten. Das Rollenspiel sollte nach der Vorbereitung vorsehen, dass alle Personen ihre Situation gegenüber der dritten, neutralen Person darstellen und ihre Perspektive deutlich machen. Auch Letztere sollte für sich vorab Fragen formulieren, welche er/sie an die involvierten Personen hat. Die verbleibenden SchüleriInnen agieren als Beobachter und sind anschließend aufgefordert, den „Schauspielern“ die Situation zu spiegeln. Nach etwa 15 bis 20 Minuten Diskussion sollte der/die Leitende ein Resümee anstreben.

Drama pur

Dabei geht es darum, eine Dramaturgiekurve für den Film LOMO zu entwerfen. Dies kann je nach Anzahl der Teilnehmenden sowohl gemeinsam als auch in Kleingruppen erfolgen. Die Skizze wird dann auf der Tafel oder auf einem Blatt Papier erstellt. Zunächst gilt es gemeinsam zu überlegen, wo der Höhepunkt des Films liegt. Gibt es einen Höhepunkt oder vielleicht mehrere? Womit beginnt der Film? Ab wann steigert sich die Spannung, an welchen Stellen fällt die Spannung wieder ab? Zu jedem Punkt müssen die TeilnehmerInnen Belege anhand von Zitaten bzw. Dialogen aus dem Film (mit Zeitangaben) benennen. Zum Film und speziell zur Dramaturgie findet sich u. a. von der Filmzeitschrift „epd Film“ auch Kritik. Diese kann sich gemeinsam angeschaut werden.

„LOMO – The Language of Many Others“?

Die Gruppe bekommt zur Aufgabe, sich über den Filmtitel zu unterhalten und ihn zu analysieren. Was könnte mit dem Titel gemeint sein? Welche Aussage steckt dahinter? Gilt der Titel als gelungen, ansprechend, zu langweilig, verkopft etc. – wie bewerten die Gesprächsteilnehmenden ihn? Gibt es ggf. andere Ideen oder Vorschläge? Falls ja, welche? Die jeweiligen Überlegungen der TeilnehmerInnen sollten im Nachgang besprochen und näher erörtert werden.

Blogger-ABC

Bei dieser Aufgabe geht es darum, zu jedem Buchstaben des Alphabets einen Begriff zu finden, der in Bezug zum Bloggen steht. Durch diese Übung ist es beispielsweise möglich, sich spielerisch den Inhalten des Films zu nähern und mit den Jugendlichen darüber ins Gespräch zu kommen. So kann etwa das Augenmerk auf einen und respektvollen Umgang in sozialen Netzwerken gelegt werden. Denn nicht alles sollte in einem Blog geschrieben, gesagt oder abgebildet werden. Auch die Online-Kommunikation sollte Grenzen haben. Die Gruppe kann daher abschließend auch eine Netiquette für die Kommunikation im Social Web erstellen.

Was steckt dahinter?

Zu den nachfolgend aufgeführten Zitaten aus dem Film LOMO soll die Gruppe in Einzel- oder Partnerarbeit Stellung beziehen. Je nach Zahl der Teilnehmenden können auch Kleingruppen gebildet werden, die jeweils einen der Sätze bearbeiten. Nach einer kurzen Bearbeitungszeit werden die Ergebnisse und Meinungen vorgetragen und diskutiert. Folgende Aussagen sollen bewertet und eingeordnet werden. Dabei sollten die Teilnehmenden sich auch fragen, wer und wann im Film diese Aussage trifft? Warum? In welchem Bezug steht der Satz zur (Film-)Handlung?
– „Das Internet vergisst nicht!“
– „Du weißt doch genau, dass man mit so einem Video ein ganzes Leben zerstören kann.“
– „Aufstehen – Überleben – Wieder ins Bett.“
– „Bewusst oder unbewusst sind wir sowieso alle Sklaven.“
– „Die Welt ist so im Arsch.“

Passende Materialien

Weitere Materialien und Anregungen zu den filmischen Themen finden sich ebenfalls in unserer Materialdatenbank Mekomat.de, z.B. die Veröffentlichungen „Sicherer in sozialen Diensten“, „Soziale Netzwerke im Lernraum Schule – Informationen zu einem sicheren Umgang“, „Counter Speech – Strategien gegen Hass im Netz“ oder „Digitale Abhängigkeit – Tipps für Eltern“.

Für wen?

LehrerInnen, SeniorInnen, Eltern, Jugendliche ab 12 Jahren

Bezugsmöglichkeiten:

Ein Direktbezug der DVD mit Vorführrecht ist unter oekumenischer-medienladen.de möglich.

Fazit

LOMO – The Language of Many Others ist ein spannender Spielfilm mit einer aktuellen Thematik. Der Film punktet vor allem durch seine vielfältigen Möglichkeiten für den Einsatz in der (medien-)pädagogischen Praxis. Aufgrund der Spielfilmlänge von 101 Minuten muss natürlich überlegt werden, in welchen Kontexten eine Sichtung des Films (zeitlich) möglich ist. Allerdings kann er auch in zwei Teilen gezeigt werden. Die für Jugendliche lebens- und alltagsnahe Thematik (Pubertät, Übergang und Ablösung von den Eltern, Identitätssuche, Social Media etc.) spricht dabei jedoch klar für einen Einsatz des Films in entsprechenden Bildungsveranstaltungen. Zumal der Film LOMO eine interessante und spannende Geschichte erzählt, die zum Nachdenken und Diskutieren anregt.

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