Wir schreiben das Jahr 2021 und alle sozialen Medien sind in der Hand einiger weniger großer Konzerne. Alle sozialen Medien? Falsch – es gibt ein ganzes Universum von freien Instanzen, die sich untereinander verbinden (föderieren): das Fediverse! Und das Beste ist, dass es im Gegensatz Facebook & Co. bei vielen dieser Dienste sogar möglich ist, einander über die Grenzen hinweg zu folgen. Aber wie funktioniert das Fediverse und was gibt es da alles?
Die Clearingstelle Medienkompetenz ist seit diesem Jahr auch im Fediverse unterwegs und wir haben uns dort ein wenig umgeschaut. Daher stellen wir im Folgenden vier Dienste aus dem Fediverse vor; es gibt dazu fast immer auch noch weitere Alternativen. Wer sich vorher genauer informieren möchte, finden zahlreiche gute Übersichten und Argumentationen für das Fediverse, z.B. bei Digitalcourage. Einen Einstieg, der zugleich eine Übersicht der verfügbaren Netze abbildet, bietet die Website fediverse.party.
Grundsätzlich funktionieren alle Angebote wie in den Frühzeiten des InternetsDazu schließen sich Betreiber von Servern zusammen und nutzen offene Schnittstellen, um Daten miteinander austauschen können. Dabei geht es im Gegensatz zu kommerziellen Netzwerken nicht darum, die Nutzer:innen wie in einem Käfig oder walled garden möglichst lange auf der jeweiligen Plattform – und nur dort – zu halten. Vielmehr ist der Austausch auch über die Grenzen hinweg durchgängiges Prinzip, wozu die Software ActivityPub von vielen Diensten genutzt wird. Außerdem wird quelloffene Software genutzt, sodass die hässlichen Seiten sozialer Netzwerke wie Tracking und Metadaten-Austausch außen vor bleiben. Und Probleme wie aktuell bei Facebook, das aufgrund eines Totalausfalls Anfang Oktober 2021 in die Schlagzeilen kam, entfallen mit dem Prinzip der föderierten Netze auch.
Weitere Beiträge unserer Reihe sind unten verlinkt.
Friendica
Friendica ist ein soziales Netzwerk, das den Fokus auf Datenschutzeinstellungen hat und von der Funktion her vielleicht am ehesten mit Facebook verglichen werden kann. Außerdem ist Ziel der Entwickler:innen, eine möglichst einfache Installation auf einem eigenen Server zu ermöglichen; datentechnische Selbstbestimmung soll nicht an entsprechendes technisches Wissen geknüpft sein. Alternativ gibt es auch viele Instanzen auf anderen Servern, denen man sich anschließen kann. Dazu ist lediglich ein Account nötig, der eine E-Mail-Adresse, aber keinen Klarnamen enthalten muss. Nutzer:innen von Friendica können verschiedene Profile haben, beispielsweise ein privates und ein berufliches. Neben dem Posten von Beiträgen und Fotos ist auch das Anlegen von Veranstaltungen möglich. Auch andere soziale Netzwerke und Blogs lassen sich integrieren, ebenso wie E-Mail-Kontakte.
Mastodon
Bei Mastodon handelt es sich um eine Fediverse-Alternative zu Microblogging-Diensten wie Twitter bzw. Tumblr, die 2016 vom deutschen Programmierer Eugen Rochko entwickelt wurde. Es geht vor allem darum, Nachrichten an seine Follower:innen zu verbreiten. Anders als bei Twitter heißen diese „Toots“ bzw. auf Deutsch „Tröts“ und sind auf 500 Zeichen begrenzt. Wie bei Twitter können sie auch Bilder, Videos oder Links enthalten. Ein Retweet heißt übrigens „Boost“ und statt einem Herz oder Like vergibt man ein Sternchen.
Wer sich bei Mastodon anmeldet, muss sich für einen von über 100 Knotenpunkten (Communitys) entscheiden. Dabei handelt es sich um die Server von Freiwilligen, die im Hintergrund zu einem großen sozialen Netz verbunden sind. Für die Kommunikation spielt das keine Rolle, diese findet über die Knotenpunkte übergreifend statt. Daher enthalten die Nutzernamen auch noch den jeweiligen Knotenpunkt, wer also zum Beispiel die Clearingstelle Medienkompetenz auf Mastodon anschreiben möchte, muss @clearingstelle@kirche.social angeben.
Pixelfed
Mit Pixelfed existiert eine Alternative zu Instagram oder Pinterest. Die werbe- und tracking-freie Foto-Plattform zeigt Fotos chronologisch ohne Einsatz von (Filter-)Algorithmen an. Auch hier gibt es Instanzen, denen man sich anschließen kann; außerdem lässt sich Pixelfed auch auf einem eigenen Server betreiben – eine interessante Möglichkeit für Fotograf:innen, die ihre Bilder zwar öffentlich zugänglich machen, aber nicht gänzlich aus der Hand geben wollen.
PeerTube
Mit PeerTube gibt es eine freie und quelloffene Sofware, mit der man Plattformen zur Veröffentlichung von Videos und Streams betreiben kann. Damit bietet PeerTube eine Alternative zum Google-Angebot YouTube. Wer Videos nur anschauen möchte, braucht keinen Account: Einfach mit dem Webbrowser eine Instanz auswählen und dort stöbern. Wer selbst Videos einstellen möchte, muss sich zunächst bei einer Instanz, die für neue Nutzer:innen offen ist, anmelden, also ein Konto erstellen. Funktionen wie das Abonnieren von Kanälen, die man aus YouTube kennt, gibt es bei PeerTube auch.
Die jeweiligen Instanzen müssen hochgeladene Inhalte weder überprüfen noch löschen; die Betreiber:innen sind also gemeinsam mit den Nutzer:innen für die Einhaltung der Gesetze und eine angenehme Atmosphäre verantwortlich. Leider wird dadurch das Projekt auch für illegale und kriminelle Zwecke bzw. Desinformation missbraucht, sodass sich auch problematische Inhalte in PeerTube finden, die zuvor von kommerziellen Plattformen wegen Verstößen gegen die Richtlinien gelöscht wurden.
Noch mehr Tools
Alle Beiträge unserer Reihe „Best of Tools“ finden sich auf der folgenden Übersichtsseite. Hier stellen wir unsere Favoriten in Sachen digitale Tools, Apps und Web-Diensten kommentiert vor.
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