„Bei dem Antrag geht es um Bildung in einer und für eine digitalisierte Welt“, erläuterte Saskia Esken zu Beginn ihres Beitrages. Dabei steht für sie die Frage im Mittelpunkt: Was muss Bildung für die Digitalisierung leisten, damit Schüler wie Erwachsene „im lebensbegleitenden Lernen zur Teilhabe an einer digitalisierten Welt sowohl im gesellschaftlichen wie auch im beruflichen Umfeld befähigt werden.“ Andererseits gehe es darum, was die Digitalisierung für die Qualität der Bildung tun könne: „Besonders wichtig ist es mir dabei, dass die Digitalisierung zu mehr Bildungsgerechtigkeit und zu besseren Bildungschancen für alle Menschen beiträgt. Wir brauchen einen nachhaltigen, individuellen Ansatz der Bildung“. Die digitale Entwicklung dürfe nicht an den Schüler/-innen vorbeilaufen, sonst drohe eine weitere digitale Spaltung. Medienkompetenz müsse in allen Schulfächern eine Rolle spielen. Das Angebot des Informatik-Unterrichts müsse früher erfolgen.
Die anwesenden Bundestagsabgeordneten der Opposition konnten in einzelnen Punkten mit den Inhalten des Antrages übereinstimmen, einig waren sie sich jedoch in der Kritik, dass mit dem Antrag die aktuellen Probleme des digitalen Wandels zu spät angegangen werden: Für Öczan Mutlu (Bündnis 90 / Die Grünen) werde die digitale Entwicklung wie in der Autoindustrie verschlafen. Es drohe ein Fachkräftemangel im IT-Bereich und die digitale Spaltung der Gesellschaft werde zunehmen. Aus seiner Sicht müsse vor allen Dingen der weitere Breitband-Ausbau umgesetzt werden. Dr. Rosemarie Hein (Die Linke) sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Ausstattung der Schulen. Der sei mangelhaft, die Behebung falle aber in die Kompetenz der Kommunen, die dafür keine ausreichenden Mittel hätten. Hier müsse der Bund finanzielle Unterstützung leisten.
Andere, aber auch übereinstimmende Gesichtspunkte konnten in der weiteren Diskussion Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung einbringen. Dr. Hans-Joachim Popp von der Deutschen Luft- und Raumfahrt plädierte für die Vermittlung von „systemischen“ Verständnis der digitalen Entwicklungen. „Jugendliche wissen, wie sie digitale Geräte nutzen können, sie verstehen die Medien aber nicht in ihrer Wirkung“. Defizite hinsichtlich der Systemkompetenz sieht er nicht nur bei den Schüler/-innen, sondern auch bei den Lehrkräften. Für Christian Stöcker, Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online, bedeute Medienkompetenz weit mehr, als zu wissen, welche Fotos man auf Facebook stellen sollte. Medienkompetenz müsse zur Quellenkompetenz werden: „Welcher Aussage kann ich trauen, wer ist der Absender?“ Daher müsse die Analyse und Einschätzung von Informationsquellen, die Verwertung von Informationen, die an einen herangetragen wird, zu einem zentralen Bestandteil moderner Bildung werden. Für Gerhard Seiler von der Stiftung „Digitale Chancen“ ist der Weg zur Digitalen Gesellschaft unumkehrbar und müsse jetzt gestaltet werden. Die positiven Effekte der Digitalisierung müssen erkannt und die Teilhabe aller daran ermöglicht werden. Als wesentlichen Faktor für das Gelingen sieht er die Stärkung der medienerzieherischen Kompetenzen bei Eltern, Fach- und Lehrpersonal. Alle waren sich darin einig, dass die Vermittlung von Medienkompetenz eine Gemeinschaftsaufgabe sei. Wie dies bereits auf Bundes- und Landesebene umgesetzt werden kann, stellten Bettina Klingbeil vom Bundesministerium für Forschung und Bildung und Dr. Michael Kaden von der Kultusministerkonferenz dar.
Zu Beginn der Tagung hatte bereits Ministerialdirigent Wolf-Michael Kuntze vom Hessischen Kultusministerium die Bedeutung der digitalen Teilhabe für Ausbildung und Bildung hervorgehoben: „Erforderlich ist hierfür die Anpassung des Bildungswesens, besonders die Schule. Wir brauchen eine Gesamtstrategie und ein Zusammenwirken von Bund und Land“. Für die Veranstalter sprach Gunter Geiger, Akademiedirektor des Bonifatiushauses Fulda, den Dank an das Hessische Kultusministerium für die Kooperation bei der Trendtagung aus. „Wir arbeiten schon lange an diesem Thema und wollen bewusst die Erfahrungen aus den Bereichen der außerschulischen Bildung mit in den bundesweiten Diskurs einbringen. Wir hoffen, dass wir nicht nur heute, sondern auch in Zukunft bei der Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Digitalen Bildung wichtiger Gesprächspartner für Bund und Land bleiben.“ Die Kooperationspartner werden die Ergebnisse der Trendtagung auswerten und dann Anfang des Jahres 2016 veröffentlichen. Bereits am 2. und 3. März 2016 steht eine weitere Tagung zum Themenfeld „Digital 2020“ an. Unter dem Titel „Unterwegs in der digitalen Arbeitswelt“ werden die Kooperationspartner Medienbildung im Übergang zwischen Schule und Beruf unter die Lupe nehmen.
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