Worum geht’s?
Eckdaten des Films:
Ein Film von Isaac King
Länge: 11,5 Minuten
Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2020, Kanada
Produktion: Isaac King, mit Unterstützung von Ontario Arts Council und Canada Arts Council
empfohlen ab 10 Jahren, Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Schuljahre: 5–8, Sekundarstufe I
„WhateverTree“ erzählt die Geschichte von Louise und Logan, die beide immer mit ihren Smartphones unterwegs sind. Louise verbringt ihre Zeit im Wald, fotografiert Tiere und Pflanzen und informiert sich über das Leben dort. Logan dagegen befindet sich in der Stadt, er starrt auf seinen Laptop, dort scrollt er durch Social-Media-Beiträge. Louise postet die Bilder aus dem Wald online. Darunter ist ein Foto eines abgestorbenen Baums, welches in Logans Feed angezeigt wird. Als er das Bild sieht, bastelt er eine Animation mit dem Baum, angelehnt an den schulterzuckenden Smiley (gleichgültig, egal; engl.: whatever). Er postet die Animation unter dem Hashtag WhateverTree – prompt geht sie viral. Was das gesellschaftlich auslöst und welche Folgen für die Natur eintreten, ist das Thema des Films.
Welche medienpädagogischen Themen werden in „WhateverTree“ angesprochen?
- Inszenierung
- (Markt-)Mechanismen sozialer Netzwerke
- Teilen von Inhalten (u.a. Upload von Fotos) auf Sozialen Netzwerken
- Umweltzerstörung
- Konsum
- Exzessive Mediennutzung, Social-Media-Sucht
- Gesellschaftliches Miteinander
Umgang mit dem Smartphone und der Umwelt
„WhateverTree“ erschien im Jahr 2020, zu einer Zeit, als die Menschen auf der ganzen Welt aufgrund der Coronavirus-Pandemie hauptsächlich in ihren Wohnungen saßen und nur über das Internet und soziale Netzwerke Kontakt halten konnten. Passend dazu greift der Kurzfilm die Themen von Naturbewusstsein, Social-Media-Sucht und sozialen Interaktionen im analogen Leben auf. Die Darstellung von Lebewesen und Natur ist sehr verschieden. Denn alle Charaktere des Films sind auf Papier gezeichnet. Diese Pappfiguren bewegen sich mit Stop-Motion-Technik durch eine echte, dreidimensionale Natur. Dieses Spiel mit den Dimensionen erweitert die Wahrnehmung der Natur im Kontrast zu den Lebewesen.
Der Wald ist ein Zuhause für viele Tierarten. Zudem gilt er als Erholungsort für Menschen. Aber nehmen diese den Wald und die Natur noch wirklich wahr? Der Film thematisiert die Beziehung der Menschen zur Natur, zum Wald, den Tieren, und auch zueinander. Überdies spielt das Smartphone eine besondere Rolle, da es alle Menschen im Film, aber auch im digitalen Alltag, immer bei sich tragen. Die meisten Menschen nehmen ihre Umwelt nur noch durch die Kameralinse war und jagen nach Likes auf Social-Media-Seiten. Diese Sucht und das Verlangen nach medialer Anerkennung sind gerade bei Schüler: innen Alltag.
Durch Netzwerke wie TikTok, Instagram und Co. wird suggeriert, wie erstrebenswert es ist, online berühmt zu werden, egal was die Auswirkungen in der analogen Welt sind. Die Auswirkungen sind in dem Film besonders im Bezug zu Naturschutz und Umweltzerstörung beleuchtet, aber auch gesellschaftliche Folgen und die Frage nach Individualität sind kurz thematisiert.
„WhateverTree“ stellt durch die zwei Protagonist:innen dar, wie unterschiedlich der Umgang mit Smartphones in der Natur sein kann. Während der eine exzessiv Social-Media konsumiert, zeigt die andere, wie eine praktische Mediennutzung aussehen kann, in welcher es um Informationen und Verstehen geht.
Bewusster Konsum
Eine zentrale Frage von Eltern, Erzieher:innen und Lehrer:innen mit Blick auf die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ist die nach dem „richtigen Umgang“ mit (digitalen) Medien. Neben zentralen Problemfeldern wie Datenschutz, der Frage nach Wirkungen von Medieninhalten und der Vermeidung von Konfrontations-Risiken ist vor allem die Frage der Nutzungsdauer (Medienzeit) ein wichtiges Thema. Unter Kindern und Jugendlichen nimmt die exzessive Mediennutzung, besonders seit der Corona-Pandemie zu, das zeigt die DAK Studie aus dem Jahr 2022. Dass das schlecht für ihre Entwicklung ist, ist inzwischen weitgehend bekannt. „WhateverTree“ wirft darüber hinaus die Frage auf, wie eine dauernde Smartphone-Nutzung das eigene Verhältnis zur Natur beeinflusst. Wie wichtig Tieren und Pflanzen sind, vergessen Menschen aus unterschiedlichen Gründen immer stärker. Der Film weist darauf hin, welche Lebensgrundlage in Wäldern und Bäumen im Verborgenen steckt.
Gleichzeitig regt die gezeigte Auswirkung davon, dass der animierte Baum berühmt wird, dazu an, die Folgen der eigenen Onlinebeiträge genauer in den Blick zunehmen. Welche Ausmaße ein Posting haben kann, wird bei dem Erstellen oft vergessen oder übersehen. Im Nachhinein besteht fast keine Chance mehr, Inhalte vollständig aus dem Internet zu entfernen. Deshalb ist es wichtig zu lernen, kritisch über die Auswirkung der eigenen Medienpräsenz nachzudenken.
Auch die Folgen des analogen Konsums von Ressourcen stellen ein wichtiges Thema der Geschichte dar. „WhateverTree“ stellt einen Zusammenhang zwischen digitalem Geschehen und einem exzessiven Konsum von Waren her und regt damit zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten an.
Zu dem Film stehen weiterführende Arbeitsmaterialen, wie Arbeitsblätter, Infoblätter und didaktische Tipps zur Verfügung. Die Arbeitsblätter bestehen aus Aufträgen, die auf einer externen Internetseite bearbeitet werden. Die Bearbeitung greift alle Themen des Films auf und regt zum Nachdenken und Kreativwerden an. So können die Rezipient:innen selbst Collagen und Bilder erstellen und sich darüber austauschen. Die Aufgaben fördern damit eine eigene Mediengestaltung und eine aktive Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten von digitalen Geräten.
Zum Einsatz in der (außer-)schulischen Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Wie viel Zeit tatsächlich in die alltägliche Mediennutzung fließt, ist uns meistens nicht bewusst. Gerade Kinder und Jugendliche haben oft noch keinen kritischen Blick auf das eigene Verhalten im Internet. Vor Allem nicht unter dem Aspekt, eine Balance zwischen der digitalen Kommunikation und realen Erfahrungen herzustellen. Die Darstellungen im Film rückt das Geschehen in der Natur wiederholt in den Fokus und bietet eine gute Austauschgrundlage für deren Wichtigkeit für die Welt, aber auch für die persönliche Erholung. Ebenfalls kommt der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt zur Sprache. Der Aspekt, wie eine förderliche Kommunikation zum Thema Umwelt im Internet aussehen und was sie bewirken kann, ist dabei zentral.
Das Thema des Konsums wird besonders deutlich durch die Kommerzialisierung der Naturgegenstände, da Logan für ein Foto mit dem Baum Geld verlangt. Zusätzlich stellt er Merchandise her, der preiswert zu erwerben ist. Im gleichen Zug kommt das Thema der fehlenden Individualität auf. Fast alle der geschossenen Bilder mit dem Baum sehen gleich aus und auch die Fanartikel sind nahezu identisch. In einer Gesellschaft, die von Konsum dominiert wird, kann die Darstellung im Internet und deren Folgen besonders gut mit Kindern und Jugendlichen hinterfragt werden.
Das Verhalten der Protagonistin Louise bietet einen weiteren Gegenstand der medienkritischen Reflexion. Es stellt sich die Frage, inwieweit sie ein Vorbild für das Verhalten im Internet und mit digitalen Geräten sein kann. Durch sie wird deutlich, dass es neben dem Vernetzungscharakter des Internets auch die Seite der Information gibt. Die Besprechung dieser Nutzung des Internets ist gerade mit Kindern und Jugendlichen wichtig, da das Informieren im Internet sehr hilfreich und förderlich ist, aber auch mit Vorsicht zu benutzen ist.
Die Aussagen des Films sind zum Teil sehr plakativ dargestellt und wirken deshalb stellenweise beim Anschauen unangenehm. Trotzdem ist der Film gut geeignet für eine Anschlusskommunikation mit Kindern und Jugendlichen, denn diese Art der Darstellung weist deutlich auf relevante Themen hin. Denn obwohl die Themen gesellschaftliche Dauerthemen sind macht der Film sie aus leicht anderen Blickwinkeln deutlich und schafft damit einen Mehrwert in der Rezeption.
Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit
Der Film enthält eine große Menge an Begleitmaterial, es gibt fünf Online-Lernmodule zu verschiedenen Themen mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Mediennutzung. Die bereitgestellten Aufgaben arbeiten sehr stark mit dem Bildmaterial und der Geschichte des Films. Im Folgenden werden weitere Ideen aufgezeigt, wie die Anschlussarbeit im Hinblick auf den persönlichen Umgang mit den Themen des Films aussehen kann.
Konsumtagebuch
Die Erstellung eines Konsumtagebuchs kann in sehr unterschiedlichen Gestaltungen und mit verschiedenen Themenschwerpunkten erfolgen. Die grundsätzliche Form ist davon bestimmt, wie lange die Zusammenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen geht. Je nach Dauer kann das Tagebuch für einen bestimmten Zeitraum punktuell rückblickend erstellt und anschließend analysiert sein.
Wenn die Interaktion über eine längere Zeit läuft, kann die Erstellung des Tagebuchs eine begleitende Aufgabe sein, welche am Ende gemeinsam ausgewertet wird. Dazu ist es hilfreich, die Kinder und Jugendlichen, vor dem Erstellen, eine eigene Prognose für die geschätzte (Online-)Zeit aufzuschreiben zu lassen, an welcher man die tatsächliche Zeit im Nachhinen überprüfen kann. Das hilft das eigene Verhalten zu hinterfragen und es nachhaltig und bewusst zu ändern.
Die Methode des Tagebuchs kann eine Möglichkeit bieten, das eigene Verhalten zu reflektieren und sich den eigenen Konsum vor Augen zu führen. Das Konsumtagebuch kann dabei in verschiedene Kategorien unterteilt werden oder nur eine der Kategorien beinhalten.
Kategorie 1:
Mediennutzungsdauer. In dieser Kategorie sollen die Kinder und Jugendlichen festhalten, wie viel Zeit sie mit der Nutzung von digitalen Medien verbracht haben. Der Eintrag soll auch danach gegliedert werden, welche Programme, Seiten und Angebote sie zu welchem Zweck genutzt haben. Hierbei könn auch die digital-wellbeing-Funktionen von iOS und Android helfen, die die Nutzungsdauer aufzeichnen.
Kategorie 2:
Interaktion mit der Umwelt. Die Kinder und Jugendlichen sollen darüber nachdenken, wann sie zuletzt bewusst Zeit in und mit der Natur verbracht haben. Der Fokus soll auch darauf liegen, was das Erleben von Natur bei ihnen ausgelöst und welchen Mehrwert es hat.
Kategorie 3:
Materieller Konsum. Konsum ist ein großer Teil des Alltags der kapitalistischen Gesellschaft. Viele Waren werden für sehr wenig Geld angeboten und so für eine breite Masse an Menschen erschwinglich. Das passiert fast immer auf Kosten der Umwelt. Durch die Erschwinglichkeit der Waren wird oft vergessen, wie viele Produkte konsumiert werden. Das Tagebuch kann dabei helfen sich diesen Konsum bewusst zu machen. In der Reflexion kann anschließend darauf eingegangen werden, wie Social Media diesen Konsum beeinflusst und was Konsequenzen für die Umwelt sind.
Erstellen eines Kurzfilms
Durch Logan und Louise werden zwei verschiedene Seiten der Mediennutzung gezeigt, Beide stellen in gewisser Weise ein Extrem dar. Während es Logan nur um die Aufmerksamkeit und den Spaß geht, kommt es Louise auf Informationen und Wissen an.
Für diese Aufgabe sollen die Kinder und Jugendlichen in Kleingruppen zusammenkommen und sich überlegen, wie ein Kurzfilm aussehen kann, der etwas aus der Natur informativ darstellt und gleichzeitig witzig und nicht trocken ist. Die Form der Darstellung (Schauspiel, Stop Motion oder Legetechnik) können die Teilnehmenden dabei frei wählen. Wichtig ist, dass für diese Aufgabe genügend Zeit eingeplant wird, denn das Erstellen eines Kurzfilms nimmt Einiges an Zeit in Anspruch. Wer diese Aufgabe anleiten möchte, sollte sich im Vorhinein mit Programmen zum Erstellen eines Kurzfilms auseinandersetzen, um diese vorstellen und erklären zu können. (Hierbei kann die Tools-Mindmap der Clearingstelle eine gute Hilfestellung sein. Unter dem Punkt Video-Bearbeitung sind einige Tools zu finden.) Nach der Erstellung werden die Filme gemeinsam angeschaut und über das richtige Verhältnis von Witz und Information gesprochen. Dieser Arbeitsauftrag eignet sich eher für die älteren Kinder ab Klassenstufe 7.
Plakate gestalten
Für diesen Arbeitsauftrag teilt sich die Gruppe in zwei Hälften. Jede Gruppe erhält den Auftrag, ein Plakat zu gestalten. Das eine Plakat soll zu dem Thema: „Wann helfen Medien und Social Media Beziehungen?“ erstellt werden. Die andere Gruppe soll ein Plakat zu dem Thema: „Wann stören Medien und Social Media Beziehungen?“ gestalten. Anschließend findet eine Plakatpräsentation und ein Austausch über weiter Ideen mit der ganzen Klasse oder Gruppe statt. Am Ende werden die Plakate, je nach Möglichkeit, in den Gruppenraum oder das Klassenzimmer gehängt, damit die Thematik auch weiterhin bewusst bleibt. Dieser Arbeitsauftrag eignet sich eher für die jüngeren Kinder in den Klassenstufen 5 bis 7.
Für wen?
Kinder ab 10 Jahren, Jugendliche, Schüler:innen
Bezugsmöglichkeiten
Der Film kann bei der Matthias-Film gGmbH, einschließlich der weiterführenden Materialien, käuflich erworben werden.
Einzelne kirchliche Medienstellen haben den Film incl. Begleitmaterialien im Angebot als Medium zum Verleih bzw. Download.
Fazit
Der Film „WhateverTree“ greift Themen auf, die schon seit einigen Jahren für Diskussionen in der Gesellschaft sorgen. Besonders Umweltschutz und die exzessive Social-Media-Nutzung, gerade bei Kindern und Jugendlichen, sind aktueller denn je. Der Film spricht kurz, klar und prägnant genau diese Themen an und ist deshalb sehr gut in Schul- und Gruppenstundensettings einsetzbar. Durch die sehr offensichtliche Darstellung im Film kann leicht eine Abwehrhaltung entstehen, diese wird durch die anschließenden Lernmodule, die sich intensiv mit dem Film beschäftigen, allerdings aufgefangen.
Die umfangreichen zusätzlichen Materialen bieten eine gute Möglichkeit für ein aktives, gestalterisches Auseinandersetzen mit den Themen des Films. Sie zeigen, wie vielfältig Medien sinnvoll nutzbar sind und erweitern so die Aussage des Films selbst.
Weitere Filmtipps zum Thema Mediennutzung und Umwelt sind z.B. Death by design oder Welcome to Sodom – dein Smartphone ist schon hier.
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