So wie du mich willst

Screenshot aus dem Film So wie du mich willst
Bild: kfw

Worum geht’s?

Eckdaten des Films:

Ein Film von Safy Nebbou

Länge: 101 Minuten

Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2019, Frankreich/Belgien

Produktion: HDiaphana Films, France 3 Cinéma, Scope Pictures

empfohlen ab 14 Jahren (FSK 12)

Schuljahre: Sekundarstufe I: ab Klasse 8/9 und Sek. II

Literaturdozentin Claire wird von ihrem jüngeren Liebhaber Ludo schlecht behandelt. Im Internet kreiert sie ein viel jüngeres Profil, bestückt es auch mit einem entsprechenden Foto. Als Clara beginnt sie einen Chat mit Ludos 24-jährigem Freund Alex. Es wird eine intensive, virtuelle Affäre daraus. Für Claire beginnen die Grenzen von Realität und Illusion zu verschwimmen und Alex will sie unbedingt persönlich kennenlernen … (Blickpunkt:Film)

Welche medienpädagogischen Themen werden im Film angesprochen?

  • Social Media
  • Fake-Profile
  • Chatrooms
  • Inszenierung
  • Digitalisierung
  • Mediensucht
  • Wertebildung

Zum Einsatz in der (außerschulischen) Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen:

„Liebe in Zeiten des Social Web“ wäre als Alternativtitel durchaus passend für das Drama „So wie du mich willst“. Der Film basiert auf dem Roman „Celle que vous croyez“ der französischen Autorin Camille Laurens.

Beim Einsatz des Filmes sind verschiedene Themenschwerpunkte möglich. Vorab sei aber auf die notwendige eigene Beurteilung der Alterseinschätzung hingewiesen. Die offizielle Altersfreigabe des Films der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) liegt bei 12 Jahren. Die filmische Darstellung ist jedoch sehr mitreißend und intensiv. Ein Beispiel ist die Szene im Auto, bei der Claire (als Clara auftretend) erotisierende Gespräche mit Alex führt, was schließlich in die Selbstbefriedigung Claires mündet. Solche und andere Szenen können zumindest sensiblere Jugendliche überordern, so dass wir eine eigenständige Beurteilung empfehlen und einen Einsatz mit einer Zielgruppe nicht unter 14 Jahren vorschlagen.
Der Film bietet mehrere Möglichkeiten zum Einsatz in der medienpädagogischen Arbeit. Zum einen kann der Fokus auf den Themen Chat und Dating liegen. Andererseits auch auf der Inszenierung Claires, die sich mittels eines sogenannten Fake-Profils als Clara ausgibt.

Die Bedeutung von Influencer für die Entwicklung Jugendlicher

Durch soziale Netzwerke ist es viel einfacher geworden, mit Identitäten zu spielen und so eine Illusion des schönen Scheins zu errichten. Das gilt sowohl für Inszenierungen durch Filter und Staged Fotos, also komplett thematisch inszenierte Bilder, auf Instagram als auch wie im vorliegenden Film für die Erstellung eines Fake-Profils. In sozialen Medien wie Instagram oder Facebook ist es unkompliziert möglich, sehr schnell sehr viel über eine Person zu erfahren, ohne sie dafür persönlich kennen zu müssen. Schließlich geht es in solchen Formaten nicht um die innere Persönlichkeit oder das Wesen eines Menschen, sondern um die (Selbst-)Darstellung bestimmter Facette der Persönlichkeit und damit eben automatisch um eine Inszenierung – bis hin zur Illusion. Ein sehr alltagsnahes Beispiel hierfür ist das Influencen im Social Web.

Für die (medien-)pädagogische Arbeit mit Jugendlichen ist es zuerst einmal wichtig sich zu verdeutlichen, welche Bedeutung und welchen Stellenwert Influencer für die Lebenswelt von Heranwachsende haben. Jugendliche befinden sich in einer Entwicklungsphase der Identitätsfindung. Deshal suchen sie besonders nach Orientierung in ihrem Leben. Dies gilt sowohl in Bezug auf ihr Verhalten und Erleben als auch auf ihr Erscheinungsbild.

Die Rolle von Social Media

Social Media bietet dazu „Spielmöglichkeiten“, indem ich mein Erscheinungsbild mit jedem neuen Profilbild variieren kann und so ausprobieren kann, welche Rückmeldungen ich dazu bekomme (vgl. Schmidt et al. (2009): Heranwachsen mit dem Social Web. Berlin: Vistas). Influencer greifen diese Orientierungssuche in vielen lebensweltlichen Bereichen auf. Jugendliche nehmen dieses Posten von scheinbar alltäglichen und spontanen Inhalten häufig als authentisch, zuverlässig und vertrauenswürdig wahr. Dadurch ergibt sich leider auch die Gefahr des Missbrauchs.
Daher ist es wichtig, mit Jugendlichen über das Thema Inszenierung und diese Probleme einer möglichen Scheinwelt zu sprechen. Auch auf den Wahrheitsgehalt von Informationen aus dem Internet sollte dabei eingegangen werden: was sind verlässliche Quellen? Wie kann ich die Glaubwürdigkeit von Informationen überprüfen? Die aktuelle Fake News-Welle rund um Corona zeigt uns deutlich, dass das World Wide Web für jeden eine Plattform zur Präsentation von Inhalten bietet, unabhängig davon, ob diese der Wahrheit oder Wirklichkeit entsprechen. Deshalb sollte die Vermittlung eines kritischen, reflexiven Umgangs mit Medien oberstes Ziel sein.

Weitere Möglichkeiten zum Einsatz in der (außer-)schulischen Medienarbeit

Daneben könnten auch die Themen Chat und Online-Dating sowie Mediensucht behandelt werden. Schließlich scheint es unumstritten zu sein, dass Claire sich bei ihrem Chat mit Alex zunehmend in ihre Rolle der jungen Clara verliert. „Ich liebe es, begehrt zu werden“, sagt Claire in einer Stelle des Films. Der Drang, jung zu bleiben, einen makellosen Körper zu haben, von attraktiven Männern umworben zu werden, ist es, der die alleinerziehende Claire antreibt, sich den Illusionen der anonymen sozialen Medien nahezu vollständig hinzugeben.
Natürlich handelt es sich um einen Spielfilm, dessen Realitätsbezug kritisch hinterfragt werden muss. Der Faszination der virtuellen Welt zu erliegen ist dennoch eine reale Gefahr. Das zeigt sich zum Beispiel bei Online-Spiele-Sucht oder auch bei Influencern, die in ihrer Freizeit vom ständigen Drang beherrscht sind, das nächste bessere Foto zu schießen.

Gerade im (außer-)schulischen Kontext kann eine Kürzung des Films sinnvoll und ggf. notwendig sein, wenn der zeitliche Rahmen von einer oder zwei Unterrichtsstunde(n) eine komplette Sichtung unmöglich macht. Tatsächlich bietet der Film die Möglichkeit eines alternativen Endes. Auch wenn dies keine offizielle Alternative ist, könnte ab der 60. Minute gestoppt werden. Als Clara auf der Rolltreppe von ihrem ehemaligen Liebhaber Ludo erfährt, dass Alex sich das Leben nahm, weil er den Kontaktabbruch Claires nicht verkraftete, wäre ein inhaltlicher Abschluss gegeben und ein alternatives Ende möglich.

Zum Einsatz in der Arbeit mit Eltern oder mit LehrerInnen und PädagogInnen:

Die Anknüpfungspunkte für diese Zielgruppe unterscheiden sich nicht wesentlich von denen für eine jüngere Zielgruppe. Da der Film „So wie du mich willst“ sowieso ein gewisses Alter und Stadium an Reife voraussetzt, können die oben genannten Inhalte grundsätzlich analog angewendet werden.
Wichtig ist es an dieser Stelle, Erwachsene auf ihre Vorbildrolle hinzuweisen. Sie sollten sich ihrer Rolle als Vorbilder und Ansprechpersonen von Jugendlichen bewusstwerden und diese aktiv ausüben. Eine mögliche Herangehensweise für Bezugspersonen ist z.B. gemeinsam mit den Jugendlichen über Glaubwürdigkeit im Internet, speziell in sozialen Netzwerken und Messengern zu sprechen. Ein gemeinsamer Austausch kann einen kompetenten Umgang damit bereits stärken. Des Weiteren wäre es möglich, sich gemeinsam mit den Jugendlichen Influencer anzuschauen und die Inhalte in Bezug auf Wirklichkeit vs. Schein oder auch Werbung zu analysieren und zu hinterfragen.

Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit:

  • „Der gläserne Mensch“: Die Jugendlichen bekommen zur Aufgabe, das Lied „Der gläserne Mensch“ von Udo Jürgens zu analysieren und zu interpretieren. Zum gemeinsamen Anhören des Liedes im Klassenverband wird der Liedtext ausgeteilt. Im Anschluss kann über die Bedeutung, die Intention sowie Sinnhaftigkeit des Liedes gesprochen und diskutiert werden. Eine mögliche Impulsfrage könnte hierbei sein, wie „zerbrechlich“ das Bild ist, welches von sich selbst in der Öffentlichkeit kursiert.
  • Profilcheck: Welche Daten sind im Netz von mir öffentlich einsehbar? Wie und wo kann ich Privatsphäreneinstellungen in Social Media-Diensten vornehmen?
  • Impulsfragen zum Mediennutzungsverhalten können ebenfalls sein:
    – Zähle die drei wichtigsten Gründe auf, warum du Netzwerkdienste benutzt.
    – Legst du Wert darauf, dass du jeden deiner Kontakte („Freunde“ bzw. „Follower“) persönlich kennst oder ist dir das nicht wichtig? Begründe deine Haltung zu dieser Frage.
    – Nach welchen Kriterien entscheidest du, ob du eine Freundschaftsanfrage akzeptierst?
    – Hattest du ganz konkret einmal ein ungutes Gefühl oder Bedenken bezüglich der Sicherheit in sozialen Netzwerken? – Falls ja, in welcher Situation und was hast du gegebenenfalls unternommen?
Kreative Angebote – auch mal abschalten?!
  • Erstellen einer Fotocollage, in der sich die Jugendlichen mit der Ausprägung von Partnerschaft, Liebe und Sexualität (z. B. in kultureller oder gesellschaftlicher Abhängigkeit, medialer Darstellung oder biblisch-religiöser Deutung) auseinandersetzen.
  • „Digtal Detox“: Im Gespräch mit der Gesamtgruppe können hilfreiche Anregungen für einen bewussten Verzicht auf digitale Medien (digital detox) überlegt werden: zu welchen Zeiten und an welchen Orten kann ich auf meine digitalen Begleiter verzichten? Welche Benachrichtigungen kann ich abschalten, um nicht immer wieder unterbrochen zu werden? Welche Einstellungsmöglichkeiten z.B. zu Zeitlimits für die Nutzung des Smartphones bieten mir Apps bzw. das Betriebssystem meines Smartphones? Wer hat schon praktische Erfahrungen mit entsprechenden Angeboten gesammelt? uvm.
  • Weitere Materialien und Anregungen zum Thema finden sich ebenfalls in unserer Materialdatenbank mekomat.de, z.B. Veröffentlichungen wie der Bericht von jugendschutz.net „Jugendliche sicher in Social Media?“ oder der Broschüre der JFF „Online-Werbung mit Jugendlichen zum Thema machen“.

Für wen?

LehrerInnen, Eltern, Jugendliche ab 14 Jahren

Bezugsmöglichkeiten:

Ein Direktbezug der DVD mit Vorführrecht ist unter filmwerk.de möglich.

Fazit:

Die Romanverfilmung „So wie du mich willst“ bietet verschiedene Ansatzpunkte für die (medien-)pädagogische Arbeit. Zudem sind mehre Enden des Films denkbar. Wer ihn in der Arbeit mit Jugendlichen oder Erwachsenen einsetzen möchte, der sollte sich vorher jedoch darüber klar werden, welche Haltung er/sie vermitteln möchte. Das bzw. die verschiedenen Varianten des Filmendes sollten gerade mit einer jüngeren Zielgruppe entsprechend nachbesprochen bzw. kreativ nachbereitet werden.

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