Worum geht’s?
Eckdaten des Films:
Ein Film von Jürgen Weber
Länge: 15 Minuten
Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2018, Deutschland
Produktion: didact media
empfohlen ab 12 Jahren, Lehrprogramm gemäß §14 JuSchG
Schuljahre: Sekundarstufe I ab Klassenstufe 7 sowie Sek. II
Digitalität begleitet uns im und prägt unseren Alltag. Und so bewegen sich gerade Kinder und Jugendliche wie selbstverständlich im digitalen Raum. Doch begegnen ihnen dort auch Herausforderung. Inhalt ihrer digitalen Aktivitäten sind nicht nur Selbstdarstellung und Kommunikation: Denn ob durch Gleichaltrige oder ältere Menschen, ihnen begegnen eben auch Formen von Gewalt. Ein vermehrt beobachtetes Problem ist Cybermobbing. Ein weiteres oft unterschätztes Thema ist die Achtung von Persönlichkeitsrechten. Der Lehrfilm „Digitale Gewalt“ zeigt verschiedene Herausforderungen auf und schlägt Handlungsoptionen vor. Denn das Internet ist kein rechtsfreier Raum.
Welche medienpädagogischen Themen werden im Film „Digitale Gewalt“ angesprochen?
- Cybermobbing
- Persönlichkeitsrechte
- Datenschutz
- Cyberkriminalität
- Medienkompetenz
- Gewalt
Cyberkriminalität
Gewalt hat unterschiedliche Formen. Neben physischer und verbaler Gewalt kristallisieren sich durch die Digitalisierung eben auch Formen von Cyberkriminalität heraus. Die scheinbare Anonymität im Netz verleitet auf unterschiedlichste Weise zu einer Art der Enthemmung. So wirken (gefühlte) Grenzen, die in der analogen Welt einen vielleicht zurückhalten, nicht unbedingt so eindeutig im digitalen Raum. Formen von Cyberkriminalität sind neben der Verletzung von Persönlichkeits- und (geistigen) Eigentumsrechten eben auch Beleidigungen, Belästigungen sowie Cybergrooming und Cybermobbing.
Schnell ist ein Foto mit dem Smartphone geschossen, ohne dass im Vorfeld um Erlaubnis gefragt worden ist. Es scheint auch normal zu sein, Bilder, auf denen andere Menschen zu sehen sind, einfach in den sozialen Medien hochzuladen. Aus dem vorhandenen Material ist auch ohne großen Aufwand schnell etwas ausgeschnitten und als Sticker auf ganz anderen Servern gepostet. Ein Foto einer Grimasse wird gemacht, dann wird das Gesicht ausgeschnitten und anstelle von Emojis verwendet. Dass dabei die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten verletzt werden, dafür scheint es kein Bewusstsein zu geben. Immerhin müsste dem Gesetz nach für jede Verwendung eines Fotos eine explizite Zustimmung durch die abgebildeten Personen vorliegen.
Auch Urheberrechte werden oft missachtet: Ein Stichwort wird in eine Suchmaschine eingegeben und Millionen von Bildern sind unter den Ergebnissen. Mit zwei Klicks ist eins der Bilder heruntergeladen und außerhalb des privaten Raumes genutzt. Dass es sich dabei um eine Verletzung des Rechtes auf geistiges Eigentum handeln kann, z.B. wenn bei der Verwendung Quellenangaben fehlen, ist auch nicht allen Anwender:innen bewusst. Während dies aber noch vergleichsweise „Kavaliersdelikte“ sind, gibt es leider auch massive Gewalt in digitalen Medien. Eine moderne Form dieser digitalen Gewalt sind Shitstorms als Reaktion auf Postings. Trendende Inhalte verbreiten sich millionenfach. Und auf sie erfolgen dann auch vielfache Reaktionen, die oftmals sehr negativ sind. Diese Beispiele zeigen auf, welche Aktualität der Lehrfilm „Digitale Gewalt“ hat.
Zum Einsatz in der (außerschulischen) Medienarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Es ist nichts Neues, dass in Schulkontexten Mobbing bzw. Bullying geschieht. Üblicherweise hat Mobbing drei Ebenen: verbal (Verspotten, Verbreiten von Gerüchten usw.), physisch (Schlagen, Stoßen) und psychisch (Ignorieren, Ausschließen). Mit Cybermobbing geschieht dies auch noch auf einer anderen Ebene: Der Vorgang ist oftmals für viele einsehbar. Ein Beispiel hierfür ist Mobbing im Rahmen des Klassenchats bzw. der explizite Ausschluss davon. Dennoch fühlen sich Menschen selten in der Position, dem Opfer zu helfen; sie werden zu Bystandern, also untätigten Zuschauer:innen.
Zudem vergisst das Internet nicht. Das heißt, das Mobbing hängt sowohl den Opfern als auch den Mobbenden dauerhaft nach. Dem digitalen Mobbing kann auch nicht ohne Weiteres entflohen werden. Mobbing ist also ein Thema in der Schule oder anderen Lebenswelten, es ist aber auch Teil des Ballastes, der „mit nach Hause geht“. Außerdem wiegen sich Täter:innen in der Sicherheit vermeintlicher Anonymität. Da sie die Auswirkungen des Mobbings nicht von Angesicht zu Angesicht sehen, kommt es vielleicht sogar zu einer niedrigeren Hemmschwelle.
Die Themen des Films treffen die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen. Immerhin bewegen sie sich selbstverständlich im digitalen Raum. Dabei ist es ihnen vielleicht gar nicht bewusst, wo sie rechtliche oder persönliche Grenzen anderer Menschen überschreiten. Klar ist: Sie nutzen Medien. Aber reflektieren sie auch ihre Mediennutzung? Um diese Reflexion anzuregen, kann ein Blick ins Gesetz helfen.
Gerade hinsichtlich der Thematik Cybermobbing kann es sinnvoll sein, mit den Adressat:innen die Motivationen für Cybermobbing herauszuarbeiten. Wenn es den Mobber:innen um Anerkennung oder Gemeinschaftsgefühl geht, können diese Bedürfnisse auch anders befriedigt werden. Hier ist es am besten, gemeinsam konstruktive Wege zu erarbeiten, die auch präventiv wirken.
(Hinweis: Weitere Informationen zu Mobbing an Schulen gibt es u.a. von saferinternet.at).
Zum Einsatz in der Arbeit mit Erwachsenen, Senior:innen und Pädagog:innen
Auch Erwachsenen fehlt oftmals ein Bewusstsein für die rechtliche Relevanz ihres digitalen Handelns. Sei es die Überwachung der eigenen Kinder, wenn ohne deren Wissen Nachrichten gelesen und sie per GPS geortet werden, oder auch das Online-Stellen von Bildern der eigenen Kinder. Oftmals werden durch das Hochladen oder Versenden von Bildern auf Social Media die Rechte an den Bildern ganz oder teilweise abgegeben. Um ein besseres Bewusstsein dafür zu entwickeln, welche Anwendungen welche Berechtigungen haben, bieten die Broschüren der Reihe Dein Vertrag mit… eine gute erste Übersicht. Je besser Erwachsene Bescheid wissen, desto leichter fällt es ihnen, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Außerdem sollten besonders Erwachsene, die auch für ihr digitales Handeln strafbar gemacht werden können, ein Bewusstsein dafür besitzen, welche Tragweite dies hat. Denn auch sie laden online Bilder herunter, downloaden aktuelle Filme oder Musik von fragwürdigen Webseiten oder sind Teil von mobbenden digitalen Gruppen. Welches Ausmaß diese Dynamiken annehmen können, zeigen die Schlagzeilen rund um den YouTuber Drachenlord. Wer gemeinsam mit YouTube erwachsen geworden ist, kennt ihn und hat bestenfalls Mitleid mit ihm. Der Creator hat sich immer wieder neue Möglichkeiten gesucht, mit seiner Bekanntheit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, selbst wenn er sich dafür zum Gespött der Menschen macht. Jetzt gab es verschiedenste Anklagen (wegen Tierpornografie etc.). Das digitale Mobbing ihm gegenüber schlug Wellen bis ins analoge Leben. So lauerten ihm Hater in seinem Wohnort auf, bis er handgreiflich wurde. Dieses Negativbeispiel verdeutlicht, wie real Cybermobbing ist.
Anknüpfungspunkte für die aktive Medienarbeit
Welche Formen von (digitaler) Gewalt kennt ihr?
Wer digitale Gewalt hört, denkt vielleicht zunächst eher an digitale Spiele mit gewaltvollen Inhalten. Vielleicht wird aber auch thematisiert, wie Videos von YouTube-Stars viral gehen, die zeigen, wie diese ausrasten. So machte beispielsweise Ron Bileki Schlagzeilen, als er während eines Livestreams gegenüber einer anderen Person ausfallend geworden ist. Auch wenn er das Video selbst online gestellt hat, bereut er sicherlich, dass das Internet nicht vergisst.
Der Lehrfilms „Digitale Gewalt“ zeigt verschiedene Formen von digitaler Gewalt auf. Nach der Sichtung des Films werden gemeinsam im Plenum Formen von (digitaler) Gewalt schriftlich notiert. Anschließend recherchieren die Teilnehmer:innen des (medien-)pädagogischen Angebots verschiedene Schlagzeilen, bei denen es um digitale Gewalt geht. Jede Zweiergruppe einigt sich auf einen Artikel und druckt ihn aus. Anschließend hängen sie diese Ausdrucke auf und die gesamte Gruppe betrachtet alle Artikel. Dann stellen die Gruppen diese einander vor. Gemeinsam werden mit einem Blick in Gesetzestexte die relevanten Themen herausgesucht und strafrechtlichen Paragrafen zugeordnet. Hilfreich dabei sind Seiten wie jugendschutz.net, juuuport.de und klicksafe.de.
Der Erste-Hilfe-Koffer bei digitaler Gewalt
Diese Aufgabe funktioniert, wenn es bereits Zeit gab, um Formen von digitaler Gewalt zu sammeln. Dies kann beispielsweise mithilfe der oben genannten Idee erfolgt sein oder in einer gemeinsamen Sammlung in Form eines (Unterrichts-)Gesprächs mit anschließender schriftlicher Fixierung. Mit dieser Auflistung wird nun darauf geschaut, wie mit diesen Formen digitaler Gewalt umgegangen werden kann. Anschließend sammeln die Teilnehmer:innen spezifische Anlaufstellen passend zu der jeweiligen Form von Gewalt. Dabei hilft z.B. der Gefährdungsatlas .
Daran anschließend wird ein Schuhkarton bunt beklebt und mit der Aufschrift „Erste Hilfe bei Digitaler Gewalt“ versehen. Was zuvor an Informationen gesammelt wurde, wird jetzt auf Karten geschrieben oder gedruckt. Jede Form digitaler Gewalt bekommt eine eigene Karte. Die Form steht auf der einen, die Handlungsmöglichkeit sowie Anlaufstellen auf der anderen Seite. Damit Links einfach mit dem Smartphone gescannt werden können, werden QR-Codes mit den einschlägigen Links auf den Karten platziert. Wichtig ist, dass möglichst persönliche Anlaufstellen wie Vertrauenslehrer:innen, aber auch digitale Anlaufstellen wie juuuport.de darauf zu finden sind. Der Erste Hilfe-Koffer verbleibt an einem zugänglichen Ort. So kann, wer Hilfe braucht, sich dort nochmal anschauen, wo es diese gibt.
Das Themenquiz
Gemeinsam wird der Film „Digitale Gewalt“ geschaut. Die Teilnehmer:innen arbeiten die erwähnten Themenfelder und Inhalte heraus. Anschließend vertiefen sie diese, indem sie sich thematisch Gruppen zuordnen. Folgende Themen sind Vorschläge für eine Vertiefung:
- Datenschutz (Kompass Social Media),
- Cybermobbing (Handysektor),
- Persönlichkeitsrechte (bpb),
- Kunstfreiheit (Netzpolitik.org)
In den Gruppen arbeiten die Teilnehmer:innen die wichtigsten Inhalte heraus. Zu den interessantesten Aspekten überlegen sie sich anschließend Quizfragen. Dabei sollte Wissen, Handlungsmöglichkeiten und Anlaufstellen eine zentrale Rolle spielen. Mit einem Tool wie beispielsweise Socrative erstellen sie dann ein Quiz zu dem spezifischen Thema und erweitern dann im Plenum das Wissen der gesamten Großgruppe. Optional kann dies auch als Schnitzeljagd beispielsweise mit Actionbound erfolgen, sollte die Bildungseinrichtung über eine entsprechende Lizenz verfügen. Die Alternative Placity funktioniert ohne GPS und ist sogar kostenfrei verfügbar.
„Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“
Im deutschen Recht gibt es Schutzfunktionen und Verbote. Dabei ist jegliche Staatsgewalt der Gewaltenteilung unterworfen und alles, was unter unrechtmäßig ausgeübte Gewalt fällt, wird bestraft. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein oder mehrere Menschen versuchen, Macht über andere Menschen zu erlangen, ohne dass dies rechtlich legitimiert ist.
Aber wo beginnt die Strafbarkeit und wo endet die Kunstfreiheit? Diese ist in Art. 5 des Grundgesetzes gemeinsam mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung geregelt. Denn Prinzipiell haben Grundrechte dort Grenzen, wo sie die Würde anderer verletzen. Die Grenzziehung ist aber oft strittig, so dass Gerichte diese Grenzen notfalls individuell auslegen.
In dem Song von Danger Dan „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ trifft er Aussagen über real existiertende Personen (Musikvideo). Die Kunstfreiheit erlaubt es ihm, bestimmte Aussagen zu treffen, die im Übrigen persönliche Rechte anderer Menschen verletzen. In diesem speziellen Fall gelten seine Aussage jedoch als Stilmittel, und zwar aufgrund der Kunstfreiheit.
Gemeinsam schauen die Teilnehmer:innen das Musikvideo und machen sich ihre ersten Gedanken, die sie schriftlich jeweils für sich und für später notieren. Danach lesen sie den Songtext und recherchieren die erwähnten Personen und Sachverhalte sowie was ihnen vorgeworfen werden könnte. Anschließend erstellen die Teilnehmer:innen in Gruppen mit Hilfe von ComicLife Bildschichten darüber, was rechtliche Grenzen schützen und was sie aber auch im digitalen Raum verbieten. Ein optionales Thema dabei ist die Kunstfreiheit.
Hilfreich können dabei folgende Fragen sein:
- Wen oder was kritisiert Danger Dan?
- Welche Grenzen lotet er aus?
- Was genau ist Inhalt der erwähnten Skandale (z.B. NSU)?
- Warum wären diese Aussagen in anderen Kontexten vielleicht widerrechtlich?
- Wo betreffen euch diese rechtlichen Grenzen?
Passende Materialien zum Film:
Weitere Materialien und Anregungen zu den filmischen Themen finden sich ebenfalls in unserer Materialdatenbank mekomat.de:
Arbeitsmodule zur Prävention von Cybermobbing
Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen die allgegenwärtige Gefahr
Interessante und geeignete Artikel sind ebenfalls die bereits veröffentlichten Filmtipps:
In unserem Filmtipp zu A Target wird die Wirkmacht einer digitalen Hetzjagd verdeutlicht. Ein vermeintlicher Täter wird über Social Media zum Opfer.
Was der Bystander-Effekt meint, verdeutlicht unser Filmtipp zu Nothing Happens. Eine ganze Stadt versammelt sich und wartet nur darauf, etwas zu beobachten. Doch keiner greift ein.
Für wen?
Lehrer:innen, Senior:innen, Eltern, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren
Bezugsmöglichkeiten
Ein Direktbezug der DVD mit Vorführrecht ist unter didactmedia.de möglich. Hier sind ebenfalls einige unterstützende Arbeitshilfen zu finden.
Außerdem zu finden ist der Film bei einigen diözesanen oder landeskirchliche Medienstellen über das Medienportal der Evangelischen und Katholischen Medienzentralen.
Fazit
Der Lehrfilm „Digitale Gewalt“ rückt Herausforderungen im digitalen Raum mit strafrechtlicher Relevanz in den Vordergrund. Besonders im Fokus stehen nicht nur entsprechende Themenfelder, sondern auch Handlungsmöglichkeiten und Anlaufstellen. Ergänzend zum Film existiert Begleitmaterial. Diese Arbeitsblätter richten ihren Blick immer spezifisch auf einen der erwähnten Themenkomplexe. Damit werden diese Bereiche aufbereitet und können vertieft werden. Insgesamt ist „Digitale Gewalt“ sowohl Lehrfilm als auch Plädoyer für die Entwicklung von Medienkompetenz.
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