Liebe Leserinnen und Leser,
„es war einmal …“ – so lautet bei den Gebrüdern Grimm der Anfang zahlreicher Märchen. Und das vom Froschkönig beginnt mit einer Erinnerung an die „alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat“. Und so ähnlich fühlte sich das ja auch an, als das Internet unendliche Weiten verhieß und soziale Netzwerke antraten, den Nutzer:innen nie geahnte Möglichkeiten des Ausdrucks, der Kommunikation und Vernetzung zu bieten.
Und heute? Benimmt sich ein multinationaler Datenkonzern wie Facebook wie ein Souverän, der einem demokratischen Staat (Australien) vorschreiben will, welche Rechte gelten sollen – nämlich solche, die ihm die kostenfreie Nutzung redaktioneller Inhalte von Verlagen ermöglicht. Allerdings waren es nur wenige Tage, bei denen die Verlagsseiten bei Facebook leer waren; mittlerweile hat Australien ein Gesetz verabschiedet, das Plattformen zwingt, für Nachrichteninhalte zu zahlen, wenn sie diese nutzen, um daraus Werbeeinnahmen zu generieren.
Das spannende Verhältnis – immerhin haben nach wie vor viele Anbieter redaktioneller Inhalte ja auch ein Interesse, bei Facebook gefunden zu werden – wirft einerseits eine Reihe von juristischen Fragen mit Fokus auf Medienpolitik und Medienregulierung auf. Andererseits ergeben sich aber auch Fragen von pädagogischer Relevanz: Wie sollen wir umgehen mit Plattformen, Apps und Angeboten, die in der Lebenswelt (nicht nur) von Kindern und Jugendlichen einen selbstverständlichen Platz haben? Die zwar existenzielle Bedürfnisse nach Kontakt und Kommunikation, nach Zugehörigkeit und Zuwendung befriedigen, zugleich aber in mehreren Hinsichten hochproblematisch sind, nicht nur hinsichtlich Datenschutz und Privatsphäre? Und die Funktionslogik sozialer Netzwerke lebt ja von Erregung, sodass immer noch Hassrede und andere Scheußlichkeiten in den Netzen gut funktionieren. Auch das ist ein Grund für Bildungsanstrengungen aka Medienbildung und Vermittlung von Medienkompetenz.
Und schließlich scheint die Zeit für eine neue Medienkritik gekommen: Was bedeutet es eigentlich, wenn durch den „Digitalisierungsschub“ – der allerdings Teile der Bevölkerung immer noch nicht erreicht hat mangels WAN-Anbindung oder WLAN-Ausstattung, so der aktuelle Digitalindex der Initiative D21! – die Big Five der amerikanischen IT, abgekürzt GAFAM, zwingend in alle Haushalte und Bildungseinrichtungen kommen? Zu Recht stellt Horst Niesyto fest: „IT-Konzerne und IT-Interessenverbände sind seit geraumer Zeit im Bildungsbereich auf dem Vormarsch.“ Aber kann Medienpädagogik das Dilemma lösen, in dieser Hinsicht wieder kritischer zu werden – ohne die Lebenswelt der Menschen und deren legitime Bedürfnisse aus dem Blick zu verlieren?
Wir werden spannende Debatten führen müssen!
Herzliche Grüße
Prof. Andreas Büsch
Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz
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Tagungen und Termine
11.–12.03.2021: #KIW21. Netz gestalten
Unter dem Thema „Netz gestalten – die Rolle der Kirchen in der Digitalen Gesellschaft“ findet vom 11. bis 12. März 2021 die nächste Veranstaltung der Reihe „Kirche im Web“ (#KIW) statt. Bedingt durch die Corona-Pandemie findet die Veranstaltung online statt. Den aktualisierten Programmflyer zur Veranstaltung finden Sie hier.
25.03.2021 – offenes Treffen Jugendmedienschutz
Jugendmedienschutz ist nach wie vor ein wichtiges Thema. Die Fachgruppe Jugendmedienschutz der GMK veranstaltet am 25.03.2021 von 17 bis 19 Uhr ein offenes Treffen, um aktuelle Entwicklungen in den Blick zu nehmen und ein Positionspapier zur medienpädagogischen Sicht auf Jugendmedienschutz fortzuschreiben. Anmeldungen bis 20.03. bitte an den Sprecher der Fachgruppe, Björn Schreiber.
Filmtipp
„Der Werbe-Check“
Werbung ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Egal ob auf der Straße, in Zeitschriften, im Fernsehen und im Internet: Werbung ist omnipräsent; laut einer Untersuchung hat jede und jeder von uns über 6.000 Werbekontakte pro Tag! Checker Tobi widmet sich im vorliegenden Film dem Thema Werbung – vor allem, welche Wirkung sie auf junge Menschen hat.
Mekomat
Verification Handbook
Die Landesmedienanstalt NRW hat eine deutsche Übersetzung des Verification Handbook vorgestellt, die in grundsätzlichen Informationen und mit konkreten Fallbeispielen vermitteln will, wie Nutzer:innen anhand konkreter Fallbeispiele Desinformation und Medienmanipulation aufdecken können.
Zertifikatskurs #mepps
Medienpraxis online
Nachdem der laufende Kurs mehrmals verschoben werden musste, finden diese Woche die medienpraktischen Anteile des Zertifikatskurses zum ersten Mal rein online statt. Aufgrund der unklaren Lage musste der für dieses Jahr geplante Kursdurchgang komplett verschoben werden; eine neue Ausschreibung für einen weiteren Kurs gibt es daher erst Anfang 2022.
Kooperationspartner
Materialsammlung zu Desinformation und Medienbildung
Basierend auf dem Safer Internet Day am 09. Februar 2021 bringt Klicksafe einen neuen Themenbereich auf Ihrer Homepage zum Thema „Desinformation und Medienbildung“ heraus. Hier werden neben Informationstexten auch Materialien für Zuhause und die Schule gesammelt und präsentiert.
Kinderrechte online
Welche Perspektive haben eigentlich Kinder auf ihre Rechte in der digitalen Welt? Wie steht es um Meinungsfreiheit, Zugang zu Informationen und Schutz vor Gewalt? Acht Voraussetzungen müssen für ein sicheres und kindergerechtes Internet erfüllt sein.
Interaktiver Actionbound zum SID
Verschwörungserzählungen und Fake News zu erkennen, ist Grundlage des Actionbounds für Jugendliche. Das interaktive Spiel wurde von Klicksafe zum Safer Internet Day herausgebracht und dient als Medium, damit Kinder und Jugendliche durch Erfragen und Hinterfragen von News und Fakten lernen, Verschwörungstheorien zu erkennen und einzuschätzen.
Fundstücke des Monats
Warum werden Science-Influencer:innen so oft geklickt?
Warum haben Wissenschaftsjournalist:innen wie Mai Thi Nguyen-Kim oder Jacob Beautemps eigentlich so viel Zulauf – und zwar mehr als die Erklärvideos klassischer Wissenschaftseinrichtungen? Wieso erreichen YouTuber:innen mit Wissenschaftsthemen mehr Follower:innen als Videos von Hochschulen? Diesen Fragen geht eine Studie der Uni Trier nach.
Ein Leitfaden zum Blended Learning
Wie baue ich, auch digital, eine starke Beziehung zu den Schüler:innen auf?
Wie motiviere ich in digitalen Lernsettings und welche Möglichkeiten der Gestaltung können in hybriden Settings angewendet werden? Diese Fragen werden im Leitfaden zum „Blended Learning für Lehrer:innen“ ausführlich beantwortet – aus der Praxis, in Online-Zusammenarbeit vieler Autor:innen.
Bildnachweise (von oben nach unten): KIW | Charles Deluvio – unsplash.com | ARD | Landesmedienanstalt NRW | Ulrich Tausend | klicksafe | kinderrechte.digital | klicksafe | youtube.com/breakinglab | Visual Books