Woran wir gerade arbeiten – November 2023

Prof. Andreas Büsch

Liebe Leserinnen und Leser,

wie groß ist eigentlich die Macht von Plattformen und deren Besitzern?

Salman Rushdie konstatierte vorletzte Woche in seiner Dankesrede für die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels: „In unseren sozialen Medien [wird] Tag für Tag die Idee der Freiheit missbraucht, um dem Mob online das Feld zu überlassen, wovon die milliardenschweren Besitzer dieser Plattformen profitieren und was sie zunehmend in Kauf zu nehmen scheinen.“

Die Probe aufs Exempel macht gerade die EU. Mit dem noch jungen „digitalen Grundgesetz“, dem Digital Services Act (DSA), im Rücken hat der zuständige EU-Industriekommissar Thierry Breton im Oktober ein Verfahren gegen den Online-Dienst X (vormals Twitter) eröffnet. Auslöser waren die nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas gegen Israel auf der Plattform massenhaft anzutreffenden Falschinformationen. So seien zum Beispiel Bilder und kurze Videos von angeblichen israelischen Kriegsverbrechen mit entsprechend kritischen Texten verbreitet worden, die aber tatsächlich aus Computerspielen stammen sollen.

Ob es politisch sonderlich klug war, den Brief an Musk auf dessen Plattform X zu veröffentlichen und sich damit „in die Arena des Konzernchefs“ zu begeben, sei dahingestellt. Eine erste Reaktion von Musk zeigte deutlich dessen unbegrenztes Selbstbewusstsein (oder Ahnungslosigkeit?): Man möge ihm doch bitte Belege für den Vorwurf benennen.
Dass Kritik an Breton auch aus dem Umfeld von Webseiten kommt, die „jenseits des links-woken Mainstreamjournalismus“ aktiv sind, passt dann leider auch ins Bild. Schließlich ist X-Inhaber Elon Musk schon vor dem aktuellen Konflikt mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen; dass er im Laufe des letzten Jahres mehrere Urheber rassistischer, sexistischer und antisemitischer Äußerungen (wieder) auf der Plattform zugelassen hat, ist ebenfalls Teil der traurigen Wahrheit.

Damit stellt sich auch für uns als Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz noch einmal neu die Frage, in welchem Umfeld wir mit unseren Nachrichten unterwegs sein möchten. Dass wir durch unsere Präsenz den Stil der Diskurse dort mitgestalten oder prägen könnten, ist bedauerlicherweise nur eine hübsche Idee. Zumal wir keine Social Media-Abteilung oder -Agentur beschäftigen (können), die in entsprechendem Umfang aktiv werden könnte.

Nach längeren Diskussionen im Team haben wir daher entschieden, uns als Clearingstelle Medienkompetenz von X (vormals Twitter) zu verabschieden und uns lieber in einem offeneren, dezentralen Umfeld zu positionieren. Dass Meta mit Facebook und Instagram dazu nicht gerade in erster Linie gehören, ist klar. Aber dort scheinen die Moderationen noch besser zu funktionieren, zumal der Inhaber sich nicht wie Musk gerade anschickt, sein Unternehmen komplett umzubauen – manche sagen auch zu zerstören.

Einstweilen werden wir unsere Aktivitäten auf Mastodon intensivieren. Was der (künstlich verknappte) Dienst BlueSky des früheren Twitter-Gründers Jack Dorsey kann, testen wir gerade – auch wenn dies, wie Markus Beckedahl vermutet, nicht die erhoffte „freie Alternative“ zu X sein wird.
Und wo gehen Sie mit anderen online in den Austausch?

Herzliche Grüße

Prof. Andreas Büsch
Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz

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Mit Raffinesse und ganz bestimmten Tricks halten TikTok, Instagram, YouTube und Co. ihre Nutzer:innen möglichst lange auf ihren Plattformen und beeinflussen ihr Handeln. Welche Mechanismen dahinter stecken, dass das Aufhören so schwerfällt, und wie sich Nutzer:innen wappnen können, ist Thema der aufschlussreichen Studie. Unser Mekomat des Monats!

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Rund ein Drittel aller Absolvent:innen aus den bisherigen #mepps-Kursen traf sich am 13. und 14. Oktober in Siegburg zur gemeinsamen Fortbildung sowie zum regen Austausch und Netzwerken im Alumni-Barcamp. Ein thematischer Schwerpunkt lag dabei in diesem Jahr – wie bei vielen anderen Veranstaltungen derzeit auch – auf KI.

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YouTube, Instagram, TikTok, Twitch etc. – die Liste der Plattformen, die über Webvideos funktionieren, wird immer länger. Wer steckt hinter den Videos und mit welcher Absicht werden sie produziert und hochgeladen? Die Materialien der BpB mit Bericht aus der Praxis bieten Anregungen und Hilfestellungen für den Unterricht ab Klassenstufe 8.

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Digitales Agieren ist im Leben von Kindern und Jugendlichen so selbstverständlich geworden, dass on- und offline nicht mehr voneinander zu trennen sind. Wie gestalten sich Vergemeinschaftungen und Lebenswelten Jugendlicher in der postdigitalen Gesellschaft? Das Dieter Baacke Preis-Handbuch bietet Antworten auf medienpädagogische Fragen.

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In Obamas Haut schlüpfen und mit seiner Stimme sprechen? Dank KI technisch kein Problem mehr. Das Spotlight des LMZ erklärt, wie das funktioniert, und gibt Tipps, wie Kinder und Jugendliche auf den Umgang mit Deepfakes vorbereitet werden können. Dazu gibt es zahlreiche Lernideen, Unterrichtsmaterialien und Tools zum Thema.

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Einsatz digitaler Bildungsmedien planenEdTechReflektor

Der auch von der GEW empfohlene EdTechReflektor bietet konkrete Unterstützung für alle, die sich mit den pädagogischen Implikationen eines Bildungsmediums, z. B. einer App oder einer Lernsoftware, auseinandersetzen möchten. Er hilft bei der Auswahl und eignet sich auch für die Aus- und Fortbildung pädagogischer Fachkräfte.

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Die didaktisch kluge Aufbereitung von Inhalten für Online-Bildungsangebote ist eine Herausforderung. Nele Hirsch bietet im eBildungslabor einen OER-Kurs als Selbstlernangebot zum Erstellen von Inhalten mittels H5P an. Neben einem Überblick über alle Elemente gibt es auch eine praxisnahe Einführung zum Remixen vorhandener und Erstellen neuer Inhalte.

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Die Lernplattform Moodle kommt in vielen Bildungskontexten zum Einsatz. Häufig als unübersichtlich gescholten, bietet sie doch viele Möglichkeiten, die aber auch genutzt und durch geschicktes Design passend dargestellt werden wollen. Die Agentur Jöran & Konsorten hat nun ein OER-Angebot zu didaktischen Möglichkeiten von Moodle als Selbstlernkurs gebaut.

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Das englische Online-Journal bietet eine bemerkenswerte Sammlung von Werken aus Kunst, Literatur und Kultur, die nicht (mehr) unter das Urheberrecht fallen und damit jedem zum Nutzen, Teilen und Genießen frei zur Verfügung stehen. Es kann nach Thema, Medium und Epoche durchsucht werden. Nicht nur ein kurioser und fesselnder Zeitvertreib!

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Bildnachweise Editorial: Angelika Kamlage | Tagungen und Themen: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur GMK e.V. | Seitenstark e.V. | Filmtipp: kfw | mekomat: Bayerische Landeszentrale für neue Medien BLM| Zertifikatskurs: Rebecca Ebel | Kooperationspartner: Bundeszentrale für politische Bildung | Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur GMK e.V. | Fundstücke: fragFINN e.V. | Landesmedienzentrum Baden-Württemberg | Unblack The Box | Nele Hirsch (eBildungslabor) | J&K – Jöran & Konsorten GmbH & Co.KG | The Public Domain Review  

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