Liebe Leserinnen und Leser,
nun wird es also ein eigenes Digitalministerium geben, mit einem Manager —„Technikfreak“ titelte der Spiegel zur Besetzung mit Karsten Wildberger — an der Spitze. Die Erwartungen sind hoch: „Sie müssen verstehen, dass wir so ein bisschen dauerenttäuscht sind“, hielt Markus Beckedahl auf der re:publica 2023 dem bis diese Woche noch amtierenden Minister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, vor. Der wollte sich seinerseits an den Ergebnissen am Ende der Amtszeit messen lassen — die allerdings durch den Bruch der Ampelkoalition früher zu Ende ging als gedacht. Insofern bleiben zahlreiche Baustellen für seinen designierten Nachfolger.
Denn wie steht es um die Digitalisierung in Deutschland? Die Lücken in der Infrastruktur sind immer noch immens (Stichworte wie Glasfaserausbau, 5G-Verfügbarkeit oder öffentliche Accesspoints mögen genügen). Zudem stehen immerhin 52 % der Bevölkerung dem Thema Digitalisierung skeptisch gegenüber, so der Befund des aktuellen Digitalindex der Stiftung D 21. Die Gründe dafür sind vielfältig; die sozioökonomische Spaltung ist nach wie vor ein großes Problem, denn Digitalkompetenzen korrelieren — keine Überraschung — mit Bildungsniveaus. „Digitale (Basis-)Kompetenzen sind ein zentraler Treiber für Resilienz im digitalen Wandel und eines der Hauptziele der Digitalen Dekade der EU. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent der Bevölkerung über diese Fähigkeiten verfügen. Deutschland liegt mit seit 2 Jahren stagnierenden 49 Prozent weit zurück.“ (D 21 (2025), S. 23).
Zu diesen digitalen Basiskompetenzen zählen so alltägliche Dinge wie die Nutzung eines Textprogramms, das Versenden von Bildern vom Smartphone, die Nutzung starker Passwörter oder die Informationssuche online. Dass es hier nach wie vor solche Defizite gibt, ist ein Armutszeugnis für die „digitale Bildung“, denn 50 % der Befragten geben an, dass sie sich Kompetenzen „durch Ausprobieren“ — neudeutsch: trial and error — selbst beigebracht, aber nur 2 %, dass sie Kompetenzen im Rahmen einer Ausbildung oder 9 % durch kostenlose Schulungen und Online-Angebote erworben haben (ebd., S. 22).
Nun ist es ja nicht so, dass es keine Angebote gäbe — aber die sind in der großen Wundertüte Internet nicht für jede:n einfach zu finden. Und wenn es an Recherchekompetenzen fehlt, beißt sich die Katze erst recht in den Schwanz. Insofern braucht es unbedingt eine Stärkung formaler Bildungsangebote, was wiederum eine systematische Vermittlung von Kompetenzen an Multiplikator:innen erfordert — seien es Lehrer:innen, Erzieher:innen, Erwachsenbildner:innen, Sozialarbeiter:innen … wovon wir leider immer noch weit entfernt sind.
Nicht zuletzt gibt es viele Menschen, die eben nicht online sind. Das Statistische Bundesamt spricht von 2,8 Mio. Offliner:innen, so das Ergebnis einer Erhebung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in privaten Haushalten. Der Digitalindex spricht sogar von 4,2 Mio. „Offlinern“ und 10 Mio. „Vermeider:innen“, die nach dem Motto „kann ich nicht — brauche ich nicht“ kaum oder gar nicht am digitalen Leben teilnehmen. Dabei ist es weniger Desinteresse als Überforderung durch die Komplexität digitaler Anwendungen und der Wunsch, digitale Aufgaben von anderen erledigen zu lassen (D 21 (2025), S.15). Traditionell stark vertreten ist dabei die laut den Statistiken seit Jahrzehnten am ehesten digital abgehängte Altersgruppe der Älteren und Alten aka 65+.
Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Initiativen und Aktivitäten, die genau diese Zielgruppe in den Blick nehmen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Zum zweiten Mal veranstaltet die Körber-Stiftung Anfang Juni in Hamburg (und online) das Aging with tech-Festival, das die beiden gesellschaftlichen Megatrends Digitalisierung und Alter konstruktiv zusammen denkt und die wechselseitigen Potenziale auslotet. Dies wird die Chancenungleichheit sicherlich nicht allein beseitigen, aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist das sehr wohl. Interessanterweise zielt das Thema der re:publica, des „Festivals der digitalen Gesellschaft“ (Selbstbeschreibung laut Website) zwei Wochen zuvor quasi in die andere Richtung: Generation XYZ. Aber das ist wieder eine andere Geschichte …
Herzliche Grüße
Prof. Andreas Büsch
Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz
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Themen und Termine
Für Kurzentschlossene: Symposium KI und Soziale Arbeit
Beim Symposium am 15. Mai um 18 Uhr diskutieren wir darüber, was der Einsatz von KI für die Soziale Arbeit bedeutet. Die Veranstaltung findet in Präsenz an der Katholischen Hochschule in Mainz statt. Ein Lifestream ist leider nicht möglich. Jetzt noch rasch anmelden oder einfach spontan vorbeischauen!
Pornografiekompetenz — Podcast zum Nachhören
Wie geht sexuelle Medienbildung jenseits von Tabu und Verbot? In der Reihe „Liebe.Sozial.Digital — Gespräche über die Liebe in Zeiten der Digitalisierung“ war der Leiter der Clearingstelle zu Gast beim Digitalen Espresso des Katholisch-Sozialen Instituts in Siegburg. Nachzuhören dort, wo es Podcasts gibt, z. B. bei podcast.
Workshop KI in pastoralen Handlungsfeldern
Kirchliche Strukturen und pastorale Handlungsfelder stehen unter massivem Veränderungsdruck. Kann KI dabei helfen, auch künftig adäquate Angebote zu machen und in immer größeren Handlungsräumen gut zu kommunizieren? Gerne bieten wir für Ihre Zielgruppe dazu einen praxisorientierten Workshop an.
Filmtipp
Sientje — Das Fernsehen
Vor exakt 10 Jahren wurde am 11.05.2015 unser erster von mittlerweile 92 Filmtipps veröffentlicht. Der Film konnte damals als DVD mit Vorführrecht ausgeliehen werden. Es ging um das Fernsehen und das Fernsehverhalten in der Familie: Sientje streitet mit ihrem Vater, der Fußball schauen möchte, um die Fernbedienung.
mekomat
Digitale Teilhabe in Einrichtungen der Altenpflege
Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie sehr alte Menschen von Vereinsamung bedroht sind und wie hilfreich digitale Kommunikationsmittel sein können. Die Handreichung „Digitale Teilhabe in Einrichtungen der Altenhilfe“ unterstützt Fachkräfte in Senioreneinrichtungen dabei, digitale Lernangebote zu gestalten.
Zertifikatskurs #mepps
#mepps25: Jetzt noch bewerben!
Alle #mepps-Interessierten aufgepasst: Im Herbst dieses Jahres beginnt der neue Durchgang unseres Zertifikatskurses. Alle Informationen zu Programm, Terminen und Kosten finden sich auf unserer Website. Außerdem gibt es dort den Link zu unserem Online-Bewerbungsformular, das noch bis Mitte Juni 2025 freigeschaltet ist.
Hier geht’s zur Ausschreibung …
Kooperationspartner
kfw: Stellenausschreibung
Das Katholische Filmwerk in Frankfurt sucht zum 1. August eine Fachreferent:in Medienbildung in Vollzeit oder je nach Bewerbungslage in Teilzeit. Zu den Aufgaben gehören die Gestaltung von innovativen Bildungsprojekten und die Schulung von Menschen aller Altersgruppen im Umgang mit Medien.
GMK Fachgruppe Netzpolitik: Medienpädagogik & BNE
Die Fachgruppe Netzpolitik der GMK lädt für den 16. Juni ein zu einem Online-Austausch zum Thema Medienpädagogik und BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung). Als Auftakt zum Austausch gibt es zwei kurze fachliche Inputs. Den Link zur Veranstaltung erhalten Interessierte über den Verteiler der GMK.
Medienanstalt Hessen: Digitaler Familientalk am 27. Mai
Der Familientalk richtet sich an Eltern von Kindern der Klassen 1 bis 4, die ihre Kinder sicher und kompetent in der digitalen Welt begleiten möchten. In kostenfreien Online-Elternabenden erhalten sie praxisnahe Informationen, Empfehlungen und die Möglichkeit zum Austausch mit medienpädagogischen Expert:innen.
GMK: Dieter-Baacke-Preis Handbuch 20
Die ersten Artikel aus dem Handbuch „Haltung zeigen, Gesellschaft gestalten — Mit Medienpädagogik für Demokratie und Menschenrechte“ sind bereits online im Open Access verfügbar. Darunter: „NEXT LEVEL?! Was junge Menschen über Künstliche Intelligenz denken.“ Weitere Artikel folgen sukzessive.
klicksafe: Neue KI-Funktionen in WhatsApp und Co.
Meta hat seine KI-Funktionen in WhatsApp, Instagram und Facebook nun auch für Nutzende in Europa ausgerollt. klicksafe hat die neuen Tools unter die Lupe genommen und gibt Tipps, wie man die neuen Funktionen nutzen kann, was man dabei beachten sollte und was Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben sollten.
GAmM beim Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag
Vom 13. bis 15. Mai ist die GAmM am Messestand C30 auf der Messe in Leipzig präsent und bietet mehrere Vorträge und Workshops an. Darunter ein Workshop zu Memes und Humor als Mittel von Hass, Hetze und Propaganda sowie Vorträge und Impulse zu Cybermobbing, Missbrauch und Fragen des Kinderrechts.
GMK: Berliner Plädoyer für mehr Medienkompetenz
530 Fachpersonen und Institutionen, darunter auch die Clearingstelle Medienkompetenz, unterzeichneten das Berliner Pläydoyer für eine nationale Bildungsoffensive zur Stärkung von Medienkompetenz und Demokratiebildung. Damit setzten sie ein deutliches Signal für Akteur:innen in Politik und Gesellschaft.
Tool des Monats
Workshop-Spiele
In seiner Workshop-Spielesammlung gibt Caspar Siebel tolle Anregungen, wie man den Paradoxien und Spannungen der Arbeit in Organisationen mit Humor begegnen und damit Empathie und Kreativität fördern kann. Von Kennenlern- und Bewegungs- bis zu Teamspielen ist alles dabei. Sehr empfehlenswert, finden wir.
Fundstücke
Medienquiz für Kinder und Jugendliche
Das Deutsche Kinderhilfswerk hat das Medienquiz für Kinder und Jugendliche von 8 bis 16 Jahre neu aufgelegt. Die einzelnen Quizze gibt es in verschiedenen Schwierigkeitsgraden und die Themen reichen von Kommunikation, Gaming und Fake News über Social Media und Cybergrooming bis hin zu KI.
Seitenstark Projekt „Linkclips“
Das Projekt wurde für den Goldenen Spatz 2025 nominiert. Die Clips laden Kinder dazu ein, in bunten Shortstorys gute Webseiten für Kinder zu entdecken. In den Clips beschäftigt sich das Seitenstark-Maskottchen „Starky“ u. a. mit den Themen Gesellschaft, Politik, Schule, Umwelt, Kinderrechte und Medien.
Kreativ schreiben mit Google-KI TextFX
Im Google Lab wird das KI-Experiment TextFX entwickelt, um zu zeigen, wie generative KI die Kreativität und Arbeitsweise von Künstler:innen und Kreativen bereichern kann. In neun Tools, alle open source, kann man mit Worten, Text und Sprache spielen und bspw. Wortketten und Alliterationen bilden.
Digitale Höhlenmalerei
Und zum Schluss ein Tipp von Nele Hirsch für eine schöne Prokrastination: Auf der Website verwandelt sich der Bildschirm in eine Höhlenwand, die man mit seinen Händen, von der Kamera erkannt und erfasst, bemalen kann. Die ganz persönliche Höhlenmalerei lässt sich downloaden und weiterverarbeiten.
Bildnachweise Editorial: Angelika Kamlage | Themen und Termine: Katholische Hochschule Mainz | Katholisch-Soziales Institut (KSI)| Clearingstelle Medienkompetenz – Andreas Büsch | Filmtipp: kfw DVD-Coverbild | mekomat: Evangelische Heimstiftung GmbH | Zertifikatskurs: fovito-fotolalia | Kooperationspartner: Medienanstalt Hessen | Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) | GMK | GMK | Katholisches Filmwerk GmbH (kfw) | klicksafe | Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe e. V. | Tool des Monats: Caspar Siebel | Fundstücke: Deutsches Kinderhilfswerk (DKHW) | Seitenstark e. V. | Google Ireland Ltd.| Joel Simon (Bild selbst kreiert)
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