Bereits seit 1998 erhebt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) jedes Jahr Basisdaten zum Medienumgang Jugendlicher zwischen 12 und 19 Jahren. Die JIM-Studie 2023 markiert also ein silbernes Jubiläum, das auch mit einem eigenen Kapitel als Rückblick in der vorliegenden Ausgabe begangen wird. Daneben bekommen auch „Digitale Medien und Schule“ als Sonder-Thema in diesem Jahr Raum, sodass die Broschüre bzw. die PDF-Datei diesmal 80 Seiten umfasst.
Über dreieinhalb Stunden sind Jugendliche nach ihrer eigenen Einschätzung 2023 online, mit 224 Minuten immerhin 20 Minuten länger als im Vorjahr. Das entspricht fast wieder dem „Corona“-Niveau (2020: 258 Minuten) nach zuletzt deutlichen Rückgängen (2022: 204 Minuten). Zentrales Gerät ist dabei nach wie vor das Smartphone, das 96 % der Jugendlichen besitzen. Nur 43 % nutzen aber auch die Funktion, die eigene Nutzungszeit am Smartphone einzusehen. Ein Drittel nutzt die Funktion nicht, 23 % kennen diese Funktion gar nicht.
Die wichtigste App ist nach wie vor WhatsApp (79 %), mit deutlichem Abstand vor Instagram (31 %), TikTok (24 %) und YouTube (23 %). Auch die weiteren Plätze belegen die gleichen Anbieter wie im Vorjahr: Snapchat, Spotify, Facebook und Google. Wenn es dabei überhaupt Veränderungen in der Häufigkeit der Angaben gab, liegen sie im einstelligen Prozentbereich. Unterschiede hängen eher mit den Geschlechtern zusammen. Mädchen nutzen signifikant häufiger WhatsApp (+10 Prozentpunkte (PP)), Instagram (+13 PP), TikTok (+6 PP) und Snapchat (+8 PP). Dagegen verwenden Jungen deutlich häufiger YouTube (+16 PP).
Desinformation und Beleidigungen
Das Thema KI ist auch bei Jugendlichen angekommen, 38 Prozent der Jugendlichen gaben an, das Programm ChatGPT schon einmal selbst genutzt zu haben, weiteren 36 Prozent war die Anwendung in ihrer Funktion zumindest bekannt. Nur 15 Prozent haben ausdrücklich nichts von ChatGPT gehört.
Ein Zusammenhang zwischen KI und Desinformation kann nicht Gegenstand einer Untersuchung zu Basisdaten zum Medienumgang sein. Dennoch fällt auf, dass noch mehr Jugendliche als im Vorjahr angaben, dass ihnen im letzten Monat Fake News begegnet seien (58 %, +2 PP). Auch das Thema beleidigende Kommentare (51 %, +3 PP) spielt eine große Rolle. Dagegen scheinen Verschwörungstheorien und Hassbotschaften nicht mehr so relevant zu sein.
Auch persönliche Beleidigungen oder Anfeindungen haben leicht nachgelassen (14 %, -2 PP). Immerhin knapp ein Viertel der Jugendlichen ist aber im letzten Monat ungewollt auf pornografische Inhalte gestoßen. Und für diejenigen, die mit sexueller Belästigung in Kontakt gekommen sind, war dies meist auf Instagram (35 %) der Fall, gefolgt von TikTok (20 %) und SnapChat (14 %).
JIM-Studie 2023: Digitale Medien und Schule
„Digitale Medien und Schule“ war zuletzt ein Schwerpunkt-Thema in der JIM-Studie 2017. Damals wie heute korreliert die Nutzung von Internet und digitalen Endgeräten deutlich mit dem Alter der Befragten. Je älter die Schüler:innen sind, desto häufiger kommen digitale Medien im Unterricht zum Einsatz. Waren es vor sechs Jahren vor allem Whiteboards und stationäre Computer, die überhaupt regelmäßig im Unterricht genutzt wurden, so sind mittlerweile auch Smartphones, Schulcloud, Laptops und sogar digitale Spiele im Einsatz. Dabei ist die regelmäßige Nutzung in Gymnasien in allen Kategorien bis auf Spiele höher als an in Haupt- und Realschulen.
Allerdings spielt das Internet nur bei knapp 2/3 der Befragten (2017: 27 %) eine Rolle im Unterricht. Digitale Geräte kommen durchschnittlich bei weniger als einem Drittel der Schüler:innen regelmäßig zum Einsatz. Insofern hinkt die Schule auch weiterhin der Entwicklung in der Lebenswelt der Jugendlichen hinterher. Jedoch geben auch knapp ein Drittel an, dadurch nicht richtig von der Schule abschalten zu können; weitere 12 % fühlen sich technisch überfordert.
Rückblick auf 25 Jahre JIM-Studie
Der Rückblick zeigt zahlreiche Entwicklungen, die treuen Leser:innen der JIM-Studie bekannt sein dürften. Sei es der Einstieg in das Internet ab 2000 und der schrittweise Anstieg der Online-Nutzung. Oder die Etablierung von Streaming-Diensten, die das lineare Fernsehen ab 2015 ablösten. Aber auch die großen Meilensteine wie die Einführung von Smartphones und das Aufkommen von Social Media werden in ihrer Bedeutung nachgezeichnet. Vier Personas geben dabei (geschlechterspezifisch) Einblicke, wie die Mediennutzung typischer Befragter 1998, 2005, 2011 und 2023 aussah und welche Hobbys sie hatten. Durchgängig ist dabei die Bedeutung des Freundeskreises, in dem kommuniziert, Musik gehört und Freizeit miteinander verbracht wird. Denn auch das zeigt die JIM-Studie 2023 wieder einmal: Die wichtigste nicht-mediale Freizeitaktivität ist „Freunde/Leute treffen“.
Die JIM-Studie 2023 steht als PDF-Datei zum Download auf der Website des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zur Verfügung. Der mpfs ist eine Kooperation der Landesmedienanstalten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk (SWR). Wie bisher bietet der mpfs als Service zusätzlich die Grafiken als PDF-Datei bzw. als Powerpoint-Folien zum Download an.
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