Tools spezial: Fake News enttarnen (Teil 16)

Tools spezial: Fake News enttarnen (Teil 16)
Bild: Melanie Matutis – Clearingstelle Medienkompetenz (unter Verwendung der Logos von Correctiv, Goldener Aluhut, Facts for Friends und GADMO)

Seit über fünf Jahren pflegt die Clearingstelle Medienkompetenz eine Mindmap mit einer ständig erweiterten Übersicht über Tools, Apps, Plattformen und Links. Aber bei mittlerweile über 450 Links geht der Überblick schon mal verloren: Was soll ich nehmen? Was ist empfehlenswert – nicht zuletzt unter Datenschutz-Gesichtspunkten? Daher präsentieren wir in einer kleinen Artikel-Reihe unsere Favoriten, die sich in den letzten Monaten (oder Jahren) in vielen Veranstaltungen bewährt haben. Der 16. Teil unserer Reihe stellt keine digitalen Tools im engeren Sinne vor, sondern widmet sich Werkzeugen und Methoden, die dabei helfen, Fake News zu erkennen.

Weitere Beiträge unserer Reihe sind unten verlinkt.

Fake News, Falschmeldungen, Desinformation – das alles ist nicht neu. Doch durch Einsatz von Programmen mit künstlicher Intelligenz (KI) werden Fakten immer schwieriger von erfundenen Inhalten unterscheidbar. Und bewusste Fälschungen sind immer schwerer zu durchschauen. Wenn Nutzer:innen die Inhalte dann ungeprüft weiterleiten, tragen sie zur Verbreitung von Fake News bei. Erst kürzlich (Ende März 2023) sorgten zwei gefälschte Bilder im Internet für Aufregung: Auf dem einen der beiden ist der Papst zu sehen, der einen modernen weißen Daunenmantel unter seinem Kruzifix trägt. Das Bild wurde zunächst auf Reddit gepostet und schließlich auf Satire-Kanälen, aber auch über andere Accounts geteilt. Und vielen Nutzer:innen war nicht klar, dass dieses Bild eine (von einer KI erstellte) Fälschung ist. Auch das zweite Bild ist von einer Künstlichen Intelligenz generiert worden. Es existiert in verschiedenen Versionen und zeigt angeblich, wie Polizisten den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump festnehmen.

Technik entwickelt sich weiter

Das Problematische daran: Die Fälschungen werden immer besser. Zwar gibt es in diesen beiden Bildern minimale Hinweise darauf, dass mit ihnen etwas nicht stimmt (zum Beispiel nicht saubere Übergänge oder verzerrte Finger der rechten Hand beim Papst-Bild; zum Teil fehlende Gliedmaßen oder andere Ungereimtheiten beim Trump-Foto), doch diese sieht man natürlich nur bei genauem Hinsehen – was nicht unbedingt dem Nutzungsverhalten in sozialen Netzwerken entspricht. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass sich die Technik weiter verbessert, und es immer schwerer werden wird, Fälschungen oder Manipulationen als solche zu entlarven.

Diese Tatsachen fordern uns als Internetnutzer:innen und insbesondere unsere Quellenkompetenz stark heraus. Wir alle brauchen Wissen darüber, wie Quellen geprüft werden können, müssen aber auch Werkzeuge kennen, mit denen wir beispielsweise Bilder auf ihre Echtheit hin überprüfen können.

Tipps zum Prüfen einer Nachricht

Um einschätzen zu können, ob eine Nachricht wahr und glaubwürdig ist, gibt es zahlreiche Tipps und Checklisten, beispielsweise von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), von klicksafe oder dem Landesmedienzentrum Baden-Württemberg:

Demnach ist zum Prüfen einer Nachricht Folgendes zu tun:

  • Hinterfragen:
    • Ist es eine aktuelle Nachricht?
    • Sind die Informationen plausibel?
    • Wer hat die Nachricht geschickt/gepostet? Mit welcher Absicht?
    • Wie ist die Gestaltung? (reißerisch, viele Ausrufe- und Fragezeichen, spektakuläre Bilder, …)
    • Findet sich das Thema auch auf anderen Seiten?
  • Quelle(n) checken:
    • Gibt es die Nachricht auch in der Originalquelle?
    • Ist die Quelle als seriös einzuordnen?
    • Gibt es ein Impressum? (Impressumspflicht in Deutschland!)
    • Gibt es auch seriöse Quellen, die die Nachricht berichten?
    • Finden sich bereits Informationen zum Wahrheitsgehalt bei Faktencheckern (s.u.)?
  • Bild checken
    • Passt das Bild zum Beitrag?
    • Wo wurde es aufgenommen?
    • Gibt es das Bild noch in anderen Kontexten (herauszufinden z.B. mit Rückwärtsbildersuche oder dem YouTube Dataviewer bei Bildern, s.u.)?
  • Nicht vorschnell weiterleiten!
    • Falschmeldungen können bei Faktenchecker-Websites gemeldet werden

Eine große Hilfe beim Identifizieren von Falschmeldungen sind Faktenchecks. Recherche-Netzwerke oder auch öffentlich-rechtliche Sender betreiben entsprechende Seiten, die eine Nachricht hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts überprüfen und so Fälschungen aufdecken. Im Folgenden sind ein paar hilfreiche Anlaufstellen aufgelistet:

Recherche-Netzwerke / Faktenchecks

Correctiv

Correctiv ist ein unabhängiges Recherchezentrum, das sich als gemeinnützige GmbH unter anderem über Spenden finanziert. Das Hauptanliegen der Redaktion ist es nach eigenen Angaben, investigativen Journalismus zu betreiben. Regelmäßig veröffentlichen die Autor:innen Faktenchecks auf ihrer Website.

Falschmeldungen können über die Website eingereicht werden.

mimikama

Mimikama versteht sich selbst als „internationale Anlaufstelle und Verein zur Aufklärung über Internetbetrug, Falschmeldungen sowie Computersicherheit und zur Förderung von Medienkompetenz sowie eine Beobachtungsstelle für Desinformation und Social Media Analysen“ (Quelle: mimikama.org). Der gemeinnützige Verein beschäftigt sich mit Fake News und Abzockmaschen und stellt auf dem eigenen Blog Informationen darüber zur Verfügung.

Hier lassen sich auch Fake-Hinweise geben.

Screenshot der Mimikama-Startseite
Screenshot der Startseite von Mimikama. Hier werden Fake News und Abzockmaschen widerlegt (10.05.2023)

Hoaxmap

Die Hoaxmap bildet auf einer Deutschland-Landkarte Gerüchte ab, die als Fake News enttarnt wurden. Eine Jahreszahl ist ebenso angegeben wie ein Link zu einem Artikel, das das jeweilige Gerücht wiederlegt. Eine Suche nach Schlagwörtern oder Orten ist möglich. Kein direkter Faktenchecker, aber ein spannendes Angebot, um zu sehen, welche Falschmeldungen wann im Umlauf waren.

Faktenfinder des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks

Einige öffentlich-rechliche Sender bieten Faktenchecks an. Die ARD-Redaktion zum Beispiel betreibt den „Faktenfinder“ und bieten damit eine Plattform, auf der man verifizierte Fakten nachlesen kann. Dies betrifft Meldungen aus dem In- und Ausland sowie Hintergrundinformationen zu umstrittenen Thematiken. Darüberhinaus gibt es viele Beiträge auch als Podcast.

Auch das ZDF bündelt auf einer eigenen Seite Recherchen und Faktenchecks, ebenso wie (unter anderem) der Bayerische Rundfunk (BR) mit dem Faktenfuchs.

Faktenchecks von Nachrichtenagenturen

Auch Nachrichtenagenturen wie die Deutschen Presse-Agentur (dpa) oder die Agence France-Presse (AFP) bieten entsprechende Faktencheck-Angebote an.

German-Austrian Digital Media observatory (GADMO)

Das German-Austrian Digital Media Observatory (GADMO) ist der nach eigenen Angaben größte Zusammenschluss von Faktencheck-Organisationen und Forschungsteams gegen Desinformation in Deutschland und Österreich. Gemeinsam mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der Agence France-Presse (AFP), der Austria Presse Agentur (APA) und dem unabhängigen Recherche-Netzwerk CORRECTIV und Forschenden aus Kommunikations und Datenwissenschaft stellen die Betreiber:innen der Plattform deutschsprachige Faktencheks zusammen.

Facts for Friends

Da sie etablierte Faktenprüfer nicht nutzerfreundlich genug fanden, haben zwei Unternehmerinnen ein Start-up gegründet, das „Fakten für den Freundeskreis schnell und einfach verfügbar machen“ soll. Sie erstellen keine neuen Faktenchecks, sondern sammeln bestehende auf ihrer Seite – allerdings in zusammengefasster, gekürzter und vereinfachter Form. Die Idee hinter den sogenannten FactSnacks: „Die Wahrheit soll in leicht, verdaulichen Häppchen serviert werden. Als Korrektiv können sie dann schnell im Freundes- und Familienkreis verteilt werden.“ (Quelle:www.bundesregierung.de)

Screenshot der Startseite von Facts for Friends
Screenshot der Startseite von Facts for Friends (10.05.2023)

Der Volksverpetzer

Das Angebot Volksverpetzer ist kein klassischer Faktenchecker. Nach eigenen Angaben versucht der Anti-Fake-News-Blog „die tolle Arbeit anderer Faktencheck-Projekte mit kreativen Aktionen, Witz, Satire und ebenso ausführlichen Recherchen zu ergänzen. Wir versuchen, mehr als nur trockene Faktenchecks zu liefern, sondern eher, auch mal emotional, mal satirisch, mal sachlich die Narrative und Behauptungen von Extremist:innen und Verschwörungsideolog:innen zu entlarven und zu zeigen, wie man über Social Media mit Framing und Lügen deine Meinung manipulieren will.“ (Quelle: https://www.volksverpetzer.de/)

Screenshot der Startseite von Der Volksverpetzer, der sich als Anti-Fake-News-Blog versteht
Screenshot der Startseite von Der Volksverpetzer (10.05.2023)

Werkzeuge, um Fake News zu enttarnen

Bilder-Rückwärtssuche

Faktenchecks werden oft mit Puzzlebildern verglichen. Es braucht viele Teile, sprich Anhaltspunkte, um ein Gesamtbild zu erhalten. Eine Bildanalyse ist bei der Entlarvung von Falschmeldungen ein ein wichtiges Mittel. Hier hilt die „Bilder-Rückwärtssuche“. Anders als die Bildersuche einer Suchmaschinen, bei der es darum geht, Bilder zu einem Suchbegriff zu finden, geht es bei der Bilder-Rückwärtssuche darum, andere Bilder zu einem Bild zu finden. Dafür laden Nutzer:innen ein Foto hoch.

Diese Form der Suche funktioniert bei vielen Suchmaschinen, und da diese bekanntlich verschiedene Ergebnisse liefern, ist es empfehlenswert, durchaus auch mehrere zu verwenden. Bei Google und Bing beispielsweise klickt man dafür auf das Kamera-Symbol innerhalb der Suchleiste. Spezielle Suchmaschinen für diesen Zweck sind beispielsweise Tineye und Reverse Image [Edit 19.06.2024: Link entfernt, Server nicht erreichbar].

Eine schöne Grafik, die die wesentlichen Aspekte der Bilder-Rückwärtssuche auflistet, gibt es beim Verein Der Goldene Aluhut. Darüber hinaus werden dort auch Tipps zu „Bildforensik“ gegeben.

Videorückwärtssuche

Auch Videos können gefälscht sein. Aus diesem Grund hat die Hilfsorganisation Amnesty International das kostenlose Online-Tool Youtube Dataviewer entwickelt. Nach Eingabe einer Youtube-URL bestimmt das Programm innerhalb von Sekunden den Zeitpunkt des Uploads. Zugleich erstellt es Thumbnails, einzelne Bilder des Videos, die sich mit einem Klick einer Bildersuche unterziehen lassen.

Mehr zur Videorückwärtssuche und wie man sie am besten nutzt, findet sich bei Der Goldene Aluhut.

Sonstige Werkzeuge

  • Das Tool Hugging Face schätzt automatisch ein, ob hochgeladene Bilder künstlich erzeugt wurden oder echt sind.
  • Mit Suchmaschinentricks Fakten checken: konkrete Einstellungen zu kennen, kann sehr nützlich sein.
  • Weitere „Gadgets“ listet Der Goldene Aluhut auf.

Spiele zum Thema Fake News

 

Noch mehr Tools

Alle Beiträge unserer Reihe „Best of Tools“ finden sich auf der folgenden Übersichtsseite. Hier stellen wir unsere Favoriten in Sachen digitale Tools, Apps und Web-Diensten kommentiert vor.

Hier geht’s zu den weiteren Beiträgen der Reihe „Best of Tools“

 

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