Umgang mit Medien in der Familie

Bild: © Kzenon – Fotolia.com

Manchmal fungiert der Fernseher als Aufpasser

Gibt es einen richtigen Umgang mit Medien? Dieser Frage möchte ich mit einem Gespräch von einem Elternabend im Kindergarten begegnen. Ein Vater erzählt folgendes: „Es gibt Samstage, da geht es bei uns schon morgens um fünf Uhr los. Dann sind wir froh, dass bei RTL um sechs Uhr das Kinderprogramm anfängt.” Der Sender bringe ein bis zwei Stunden Zeichentrickserien und ähnliches. “Das kann man den Kindern ruhig vorsetzen. Man muss sich schon eingestehen, dass der Fernseher auch manchmal zum Aufpasser wird…” Daraufhin sprechen die zuhörenden Eltern und Erzieherinnen durcheinander. Viele sind empört. Und was meinen Sie? Meldet sich bei ihnen ein “Nein, so etwas darf nicht sein!” oder aber eine Meinung wie: „Der sagt endlich mal, wie es in vielen Familien aussieht!” Beginnt hier schon „Medienverwahrlosung“?

Fünf Schritte zu einem sinnvollen und verantwortungsbewussten Medienumgang sollen eine Antwort geben.
Schritt 1: Sich an die eigene Medienbiographie erinnern
Schritt 2: Die Medienvorlieben der Kinder verstehen lernen
Schritt 3: Medien bedienen unterschiedliche Bedürfnisse
Schritt 4: Kindern eine Orientierung bieten
Schritt 5: Medien mit den Kindern genießen und praktisch ausprobieren.

Mutter, Vater und Kleinkind vor Computerbildschirm

Folgende Hinweise würden sicherlich auch Herrn Meier aus der einleitenden Geschichte eine Orientierung bieten:

Medien sind keine „Babysitter“

Einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien lernen Kinder aber nur, wenn wir ihnen nach und nach die Verantwortung für ihr (Medien-)Handeln zugestehen. „Nach und Nach“ bedeutet aber, in der Familie einen Aushandlungsprozess über die Medieninhalte und die zeitliche Nutzung zu führen und Absprachen zu treffen. Das fordert von allen Seiten einiges und ist zeitintensiv, leistet aber darüber hinaus einen großen Beitrag dahingehend, dass Kinder und Heranwachsende zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Personen werden und mediale Welten nach ihren Vorlieben und Interessen vereinnahmen können.

Verbote sind nötig

Medienverbote sind für Kinder an den Stellen nötig, wo gesetzliche Kinder- und Jugendschutzbestimmungen bestehen. Das betrifft z.B. im familiären Bereich Videofilme, die Altersbeschränkungen unterliegen, sowie Fernsehbeiträge, die durch ihre späte Sendezeit als für Kinder ungeeignet gekennzeichnet sind.

Medien sind keine Machtinstrumente in der Familie

Eltern sollten es vermeiden, Medien zur Belohnung oder Strafe einzusetzen, weil dadurch das Medium aufgewertet wird. Auch generelle Medienverbote bewirken in der Regel das Gegenteil.

1.Schritt: Sich an die eigene Medienbiographie erinnern

Um vorschnelle Kritik und pauschale Urteile zu verhindern ist es sinnvoll, sich zunächst einmal an die eigenen Medienvorlieben und den eigenen Mediengebrauch „von damals und heute“ zu erinnern. Gerade Pädagogen sehen häufig in den elektronischen Medien und ihren Inhalten eine Gefahr, bedenken aber ihre eigene Medienfaszination kaum. Dazu können wir uns folgende Fragen stellen:

  • „Welche Medien habe ich früher gern genutzt?“
  • „Wie und wo habe ich als Kind Medien genutzt?“
  • „Was waren meine Lieblingssendungen oder -bücher?“
  • „Mit wem habe ich gern fern gesehen?“
  • „Welche Fernsehfiguren waren mir wichtig?“
  • „Welche Medien habe ich früher auch mal ‚heimlich’ benutzt?

Hier kommen Ihnen vielleicht längst vergessene Situationen oder Mediengeschichten in den Sinn. Manche erinnern sich vielleicht an das Lesen eines Comics unter der Bettdecke andere an das erste Kinoerlebnis. Nur wenn man sein eigenes Verhältnis zum Mediengebrauch für sich geklärt hat und bereit ist, es laufend zu überprüfen, kann man eine mehr oder weniger vorurteilsfreie Perspektive einnehmen.

2.Schritt: Die Medienvorlieben der Kinder verstehen lernen

Kind vor Fernseher © KNA

Ausgehend von dem Bewusstsein unserer eigenen Medienbiographie können wir uns verständnisvoller den Medienvorlieben der Kinder zuwenden und herausfinden, was sie fasziniert. Dazu müssen wir uns auf die Interessen der Kinder einlassen und nicht vorschnell über die Medienlieblinge der Kinder urteilen. Hierfür reicht manchmal schon das Ansehen eines Kinderfilms aus der eigenen Kindheit, um Schwächen und Stärken der eigenen medialen Kindheitshelden – nun mit Erwachsenenaugen – aufzudecken.  Lehne ich aber die Stars der Kinder als „letzten Schrott“ ab, dann werde ich auch keinen Zugang zu ihrer Medienwelt bekommen. Setzen Sie sich also aktiv mit ihren Vorlieben auseinander, indem Sie sich die Medien und ihre Inhalte erklären lassen.

3.Schritt: Medien bedienen unterschiedliche Bedürfnisse

Erwachsenen nutzen die verschiedenen Medien, um unterschiedlichste Bedürfnisse zu befriedigen. Wir schalten die Nachrichten an, um uns über Politik oder das Wetter zu informieren. Das Autoradio verschönert die langweilige Fahrt. Wir schauen Liebesfilme an, um in eine andere Welt einzutauchen oder uns zu entspannen oder versenden einen kleinen Geburtstagsgruß per SMS. Auch Kinder und Jugendliche leben mit der Vielfalt der Medien und nutzen diese aktiv für ihre Bedürfnisse, wie Kommunikation, Unterhaltung, Zeitvertreib, Entspannung und Information. Bei genauer Beobachtung können wir feststellen, dass das Gros der Heranwachsenden Medien aktiv und selbstständig nutzt.

4. Schritt: Kindern eine Orientierung bieten

Neben dem Vertrauen darauf, dass Kinder und Jugendliche die Medien selbstständig und sinnvoll nutzen, sind wir Erwachsene jedoch auch verantwortliche Vorbilder für die Heranwachsenden. Unser Medienverhalten liefert den Kindern eine unmittelbare Orientierung. So wie Eltern mit den unterschiedlichen Medien umgehen, lernen es auch die Kinder – im positiven wie im negativen Sinne.

Um sich in der Vielfalt der medialen Inhalte und Möglichkeiten zurecht zu finden, benötigen Kinder unsere Orientierungshilfen. Dabei geht es nicht darum „die Medien“ zu verdammen, sondern die Stärken und Schwächen, die Chancen und Gefahren der unterschiedlichen Medien zu erkennen. „Medienerziehung” richtig verstanden, soll zeigen, wann es sinnvoll ist, welche Medien zu nutzen, und wie sie wirken.

Wenn wir selbst kaum auf eine Fernsehsendung verzichten können, können wir dies auch nicht glaubwürdig von unseren Kindern verlangen. Wer dagegen als Erwachsener auch mal auf eine Sendung verzichten kann, weil gerade ein interessantes Gespräch stattfindet oder das gemeinsame Abendessen noch nicht beendet ist, der kann das Gleiche auch von seinen Kindern fordern. Die nötige Voraussetzung dafür ist, gegenüber sich selbst und auch gegenüber den Kindern „Nein“ sagen zu können – also den Fernseher, den Computer oder das Videospiel mal zugunsten einer anderen Freizeitaktivität auszuschalten.

5. Schritt: Medien mit den eigenen Kindern genießen und praktisch ausprobieren

 

“So wie wir die Welt mit unseren Kindern phantasievoll erkunden, sollten wir es auch mit Medien tun.”

Zum Schluss sollten wir nicht vergessen, dass viele Medien „Spaß“ machen. So wie wir die Welt mit unseren Kindern phantasievoll, interessiert und spaßbringend erkunden, sollten wir es auch mit den verschiedenen Medien tun. Wir können unsere Kinder durch Gespräche, eigenes Handeln und praktischen Umgang zu einem verantwortbaren Medienumgang erziehen. Gerade der praktische Umgang mit den Fernsehern, Computer und Co. in der Familie, ermöglicht es den Kindern auch die gestalterischen Möglichkeiten der verschiedenen Medien zu erkennen.

Dazu einige Anregungen:

  • Legen Sie schon mit Kleinkindern eine Fotoschachtel an, zu der sie selbständig Zugang haben. Medien sind nämlich Erzähl- und Erinnerungshilfen.
  • Wenn Sie einen Kassettenrecorder haben, machen Sie doch mal ein Geräuschequiz. Jedes Familienmitglied darf ‚heimlich’ unterschiedliche Geräusche aufnehmen. Wer errät die meisten Geräusche?
  • Benutzen sie Ihre Videokamera nicht nur zum Dokumentieren Ihrer Kinder, sondern gestalten Sie zusammen eine kleine Geschichte. Sie können mit der „Vertonung und Verfilmung eines Bilderbuches“ beginnen und dann eine eigene Geschichte erfinden und aufnehmen.

Durch derartige Aktivitäten erleben Kinder, dass man Medien auch zum Ausdruck eigener Gedanken und Erfahrungen nutzen kann. Medien sind nicht zur zum Konsumieren da, sondern man kann mit ihnen kreativ und gestalterisch umgehen.