„The same procedure as every year …“. Mit erfreulicher Regelmäßigkeit erscheint Ende November eines Jahres die repräsentative Studie Jugend, Information, Medien, kurz JIM-Studie, für das jeweilige Jahr, auch abgekürzt als JIM 2022. So war es vergangenen Freitag wieder so weit. Und der neugierige Blick auf Medienausstattung und -nutzung der 12- bis 19-Jährigen erhielt aktuelle Daten-Nahrung. In diesem Jahr gab es allerdings auch eine „Zwischenmahlzeit“ mit der im Sommer veröffentlichten Zusatzuntersuchung JIMplus zu Fake News und Hatespeech. Insofern verspricht sowohl der kurz- wie mittelfristige Längsschnitt interessante Vergleichsmöglichkeiten.
Nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie scheinen sich die Freizeitaktivitäten wieder dem Zustand vorher anzugleichen. Drei Viertel der Jugendlichen nennen „Freunde treffen“ als wichtigste Freizeitaktivität (2021: 63 %), gefolgt von „Sport treiben“ (59 %; 2021: 51 %) und „auf Partys gehen“ (48 %; 2021: 29 %). Die medienbezogenen Freizeitaktivitäten sind demgegenüber im Vergleich zum Vorjahr relativ gleich geblieben. So liegt die tägliche Online-Nutzung mit durchschnittlich 204 Minuten wieder auf dem Niveau vor Pandemiebeginn (2021: 241 Minuten; 2020: 258 Min.; 2019: 205 Min.). Dabei verbringen Jungen und Mädchen ähnlich viel Zeit im Netz; mit steigendem Alter nimmt die Nutzungszeit deutlich zu. Auffällig ist allerdings, dass Sprachassistenten eine weit größere Rolle spielen als im Vorjahr (+15 Prozentpunkte; PP). Auch die Nutzung von Tablets (+6 PP) hat deutlich zugenommen.
Wurden 2020 noch 74 Minuten durchschnittlich täglich gelesen, ist das Lesen nun mit 53 Minuten wieder auf dem Niveau von 2019 angekommen. E-Books spielen dabei für die Mehrheit (61 %; 2021: 65 %) weiterhin keine Rolle. Insgesamt haben Jungen dabei den Abstand auf die traditionell deutlich mehr lesenden Mädchen und junge Frauen etwas verkürzt. So hat der Anteil derer, die gar keine Bücher lesen, um 5 PP abgenommen. Zugleich hat der Anteil derer, die wenigstens einmal im Monat lesen, um 14 PP zugenommen.
Spiel und Kommunikation
„Digitale Spiele sind ein wichtiger Bestandteil der jugendlichen Lebenswelt. Nur sechs Prozent geben an, nie digital zu spielen. Über alle Spielmöglichkeiten hinweg gesehen, spielen drei Viertel regelmäßig (76 %).“ (JIM 2022, S. 49) Dabei liegt die durchschnittliche Zeit, die Jugendliche täglich digital spielen, mit 109 Minuten auf dem Vorjahresniveau und damit deutlich über dem Wert von 2019 (81 Min.). Zwar spielen Jungen mit 130 Minuten täglich deutlich länger als Mädchen (87 Min.). Während die Spieldauer bei Mädchen im Vergleich zu 2021 aber um 12 Minuten zugenommen hat, ist sie bei Jungen rückläufig (2021: 144 Min.). Die beliebtesten Spiele sind wie in den Vorjahren Minecraft, FIFA und Fortnite, wobei die viel spielenden Jungen die Reihenfolge beeinflussen. Mädchen nennen häufiger Die Sims, Hay Day oder Candy Crush als liebste Spiele.
Gefragt nach den wichtigsten Apps zeigt JIM 2022 ein vergleichbares Bild wie im Vorjahr. Der Messenger WhatsApp liegt unangefochten vorn, mit deutlichem Abstand gefolgt von Instagram, TikTok und YouTube. Dabei zeigen sich wie in den Vorjahren deutliche Unterschiede in den Präferenzen von Jungen und Mädchen. Während YouTube deutlich häufiger von Jungen genutzt wird (+14 PP) ziehen Mädchen häufiger Instagram (+13 PP) und TikTok (+14 PP) sowie Snapchat (+ 11 PP) vor.
Des-Information und deren Quellen
Erfreulich für die öffentlich-rechtlichen Sender ist die Befragung der Jugendlichen zum Vertrauen in Medien. Denn sie schneiden bei den Befragten am besten ab, wenn es um die Glaubwürdigkeit von Nachrichtenangeboten geht. Dies muss aber zum einen in Relation gesehen werden zu der Frage, wo sich Jugendliche Informationen zum aktuellen Tagesgeschehen holen. Dabei liegen nämlich Suchmaschinen (39 %) vorn, gefolgt von Instagram (30 %) und TikTok (25 %). Auf den Plätzen vier und fünf liegen die Schlagzeilen-Funktion von Google (23 %) und YouTube (22 %) und erst dann kommen Onlineangebote von TV- und Radiosendern. Zum anderen geben die Prozentsätze derer, die diese Angebote nicht kennen oder nicht nutzen, wenig Anlass zur Freude.
Gefragt, welche der vier Themen sie interessieren, benannten die Jugendlichen mit jeweils 78 Prozent den Ukraine-Krieg (2021 nicht abgefragt) und den Klimawandel (2021: 68 %). Die Corona-Situation ist für weniger Befragte interessant (49 %) als im Vorjahr (67 %; -18 PP). Dahingegen hat das Thema Diversity (48 %) im Vergleich um 7 PP zugelegt. Fast drei Viertel befürchten eine schlechtere Zukunft aufgrund des Ukraine-Krieges. Und mehr als die Hälfte hat Angst, dass es auch bei uns Krieg gibt. Allerdings stimmt auch ein Viertel der Befragten der Aussage voll und ganz oder weitgehend zu, dass das Thema uninteressant sei bzw. sie nichts angehe.
Wenn auch die Befragten Hassbotschaften (35 %), Verschwörungstheorien und extreme politische Ansichten (jeweils 43 %) nicht mehr so häufig wie im Vorjahr wahrnehmen, so sind die genannten Werte doch kein Anlass zur Beruhigung. Fake News haben im Urteil der 12- bis 19-Jährigen gegenüber dem Vorjahr nochmals deutlich zugenommen (56 %; 2021: 42 %). Immerhin ein Viertel gibt an, schon einmal Cybergrooming erlebt zu haben, also von Fremden im Netz kontaktiert worden zu sein.
Die JIM-Studie 2022 ist als PDF-Datei zum Download auf der Website des Medienpädagogischen Forschungsverbunds abrufbar. Wie in den letzten Jahren auch bietet der mpfs als Service für Vortragende neben der Studie auch die Grafiken als PDF-Datei bzw. als Powerpoint-Folien zum Download an.