Worum geht’s?
Eckdaten des Films:
Kurzspielfilm von Philipp Kässbohrer
Länge: 19 Minuten
Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2008, Deutschland
Produktion: Mark Klotz
empfohlen ab 14 Jahren, Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG
Schuljahre: Sekundarstufe I: ab Klasse 8/9 und Sek. II
Vier Freundinnen haben sich eine Mutprobe ausgedacht: Eine von ihnen soll einen wildfremden Passanten schlagen und dieses soll gefilmt werden. Doch aus einem gewalttätigen „Scherz“ wird zunehmend Schlimmeres: Eines der Mädchen wird zum Mobbing-Opfer, das gequält wird, und dieses Quälen wird mit dem Handy gefilmt. (Medienzentralen)
Welche medienpädagogischen Themen werden im Film angesprochen?
- Mobbing/Cybermobbing
- (Jugend-)Gewalt
- Macht und Unterdrückung
- Bystander von Gewalt
- Peergroups
- Wertebildung
- Zivilcourage bzw. Gegenrede
- Jugendkriminalität
Zum Einsatz in der (außerschulischen) Medienarbeit mit Jugendlichen:
Laut der JIM-Studie 2018 sind mit 97 Prozent praktisch alle Jugendlichen im Besitz eines Smartphones. Die Geräte ermöglichen viele verschiedene Medientätigkeiten und eine multifunktionale Nutzung. Durch ihre Internetfähigkeit erlauben sie eine schnelle und zeitunabhängige Verbreitung und Veröffentlichung von Daten. Filme und Fotos können innerhalb kurzer Zeit an unzählige Empfängerinnen und Empfänger verteilt werden.
Hierunter fallen auch die im Film angesprochenen Happy-Slapping-Filme, die in den letzten Jahren zu einem aufkommenden „Trend“ wurden. Happy Slapping heißt übersetzt „fröhliches Schlagen“ und bezeichnet gewalttätige Angriffe auf meist unbekannte, ahnungslose Passanten, welche per Smartphone oder Kamera gefilmt werden. Durch das Veröffentlichen und Teilen im Netz entsteht für die meist jugendlichen TäterInnen ein besonderer Reiz. Die daraus resultierenden Konsequenzen für das Opfer sind den TäterInnen meist nicht bewusst. Und auch die Wirkung, die allein durch das Ansehen solcher Gewalt-Videos entstehen kann, ist ihnen nicht klar. Denn in den meisten Fällen verbreiten sich die Filme über große Videoportale wie YouTube oder Vimeo. Nicht selten verbreiten die TäterInnen diese aber auch über soziale Netzwerke. So kommt es schnell dazu, dass auch Personen mit den Inhalten konfrontiert werden, für die diese nicht geeignet oder gar verstörend sind.
Im vorliegenden Film geht es allerdings nicht primär um das Phänomen Happy Slapping. Vielmehr steht die (psychische) Gewalt in Form von Mobbing im Vordergrund, welche von den Freundinnen der Protagonistin Melina ausgeht. Die gedrehten Videos dienen der Einschüchterung und Erpressung Melinas. Dabei entsteht eine Art Spirale, bei der Melina glaubt, wenn sie tut, was ihre Freundinnen von ihr wollen, ist endlich Schluss. Doch diese nutzen die Videos, um sie weiter zu erpressen.
Bei der Arbeit mit dem Film können auch weitere medienpädagogische Themen (s.o.) angesprochen bzw. behandelt werden. Insbesondere das Ende des Filmes bietet sich dafür an, die Lagen von TäterInnen und Opfer gegenüberzustellen. Denn: Wie eingangs beschrieben, erkennen die Freundinnen die Folgen ihrer Handlungen nicht. Im Gegenteil: Zum Filmende sieht man sie wohlerzogen in ihrem Familienalltag, während Melina weinend unter der Dusche kauert. Diese Gegensätzlichkeit sollte in der Arbeit mit dem Film besprochen und herausgestellt werden.
Auch die Rolle von Lisa, einer der Beteiligten, sollte besprochen und reflektiert werden. Die Szene, als sie zur Toilette geht, während Christin und Carla Melina dazu nötigen, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen, verdeutlicht Lisas Haltung, mit dem Mobbing nichts zu tun haben zu wollen. Jedoch bringt sie anscheinend nicht den Mut auf, sich für Melina einzusetzen. Unter diesem Gesichtspunkt sollte der Faktor und die Dynamik des Gruppenzwangs besprochen und auf das Phänomen BystanderInnen von Gewalt gelenkt werden. Impulsfragen können hierbei sein, wie das Verhalten von Lisa in Bezug auf die psychische Gewalt gegen Melina zu werten ist oder ob Lisa durch ihr Verhalten als Täterin gilt. Der Kurzfilm kann zur kritischen Auseinandersetzung, insbesondere im Hinblick auf die eigenen ethischen und moralischen Werthaltungen anregen.
Wichtig ist es bei der weiteren Behandlung des Films, mit den Jugendlichen eine sinnvolle Nutzung ihres Smartphones zu reflektieren. Dabei ist es unumgänglich, auch über die rechtliche Situation von Happy Slapping und Mobbing sowie den Folgen physischer und psychischer Natur für die Opfer zu sprechen. Auch über mögliche Lösungsstrategien zu sprechen, bietet sich an. Was tun als Mobbing-Opfer? Gibt es Schritte, die einzuhalten sind?
Auf mekomat.de finden sich viele passende Materialien zum Thema wie beispielsweise die Veröffentlichungen „Trau dich und greif ein! Zeig Zivilcourage!“ oder „Was tun bei (Cyber-)Mobbing?“
Zum Einsatz in der Arbeit mit Eltern oder mit LehrerInnen und PädagogInnen:
Grundsätzlich gelten die Themen des Films auch für die Arbeit mit Eltern oder mit LehrerInnen und PädagogInnen und können analog angewendet werden. Gerade dem sozialen Umfeld wie der Familie oder der Schule (LehrerInnen, PädagogInnen) kommt bei der dargestellten Thematik eine bedeutsame, aber auch schwierige Aufgabe zu. Mobbingfälle rechtzeitig erkennen zu können, ist oft nur schwer möglich, da die Folgen und Hintergründe der Tat erst spät erkennbar werden. Betroffene Jugendliche ziehen sich in der Regel zurück und suchen nicht das Gespräch mit Bezugspersonen. Eltern, aber auch LehrerInnen und PädagogInnen sollten daher dafür sensibilisiert werden, Auffälligkeiten, die auf einen Fall von (psychischer) Gewalt ihrer Schützlinge hindeuten, rechtzeitig zu erkennen und angemessen damit umgehen zu können. Ein intaktes Familienhaus bzw. PädagogInnen, welche die Entwicklungen ihrer SchülerInnen im Blick haben, sind ein enormer Resilienzfaktor gegen Mobbingattacken Jugendlicher.
Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit:
- Ausgrenzungsspiel: Diese Übung dient dazu, spielerisch die Ausgrenzung von Einzelpersonen darzustellen. Dabei stellt sich die Gruppe im Kreis auf und bildet eine Mauer für den/die (ein oder zwei) Jugendliche, welche versuchen müssen die Mauer zu überwinden und in den Kreis zu gelangen.
- Erstellen von Videobotschaften gegen Happy Slapping bzw. Mobbing: Hierbei können sich die SchülerInnen in Kleingruppen zuerst Gedanken darüber machen, welche Botschaft sie entweder an die Opfer oder an die TäterInnen senden möchten. Diese kann danach beispielsweise mit der Handykamera oder mit einer professionellen Kamera aufgenommen werden und der Gesamtgruppe präsentiert werden. Gegebenenfalls ist auch eine Veröffentlichung auf der Schulwebsite möglich.
- Rechtliche Konsequenzen: Die Aufgabe ist es, sich in Gruppenarbeit über die (straf-)rechtliche Bedeutung und Konsequenzen von Happy Slapping zu informieren. Die Ergebnisse können plakatiert und anschließend der Gesamtgruppe vorgestellt werden. Es besteht die Möglichkeit weitere Themen an zusätzliche Gruppen zu vergeben. Themenvorschläge: (Cyber-)Mobbing, Zivilcourage, Hatespeech etc.
- Fortsetzung des Films: Die SchülerInnen bekommen zur Aufgabe, eine Fortsetzung in drei Sätzen zu erstellen.
Für wen?
LehrerInnen, Eltern und Jugendliche ab 14 Jahren
Bezugsmöglichkeiten:
Der Film steht mit Vorführrecht in katholischen und evangelischen Medienzentralen als Verleih-DVD oder Download zur Verfügung und kann über Medienzentralen.de bezogen werden. Kreismedienzentralen haben diesen Film ebenfalls im Angebot.
Fazit:
Der Film „Happy Slapping“ empfiehlt sich außerordentlich gut für die (medienpädagogische) Arbeit mit Jugendlichen oder Erwachsenen zu den Themen Gewalt, (Cyber-)Mobbing, Happy Slapping, Peergroups etc. Ein besonderer Pluspunkt sind die Vielfalt der Themen sowie seine Länge von nur 19 Minuten. Dennoch sollten pädagogische Fachkräfte sich ausreichend Gedanken zur Arbeit mit dem Film machen, da die gewalttätigen und machtmissbrauchenden Szenen gerade junge ZuschauerInnen verunsichern könnten.