Sexual- und Medienpädagogik multiprofessionell gestalten
Am 4. Juni 2024 untersuchten die Fachbereiche Medien und Bildende Kunst der Akademie der Kulturellen Bildung bei der Tagung zur Pornografie-Kompetenz gute Wege, um Kinder und Jugendliche im Umgang mit Pornografie zu stärken. Die Tagung, u.a. in Kooperation mit der Clearingstelle Medienkompetenz veranstaltet, brachte erstmals Perspektiven aus Medien-, Kunst- und Sexualpädagogik zusammen.
In seinem Eröffnungsvortrag umriss Prof. Andreas Büsch, Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz den Begriff Pornografie-Kompetenz. Er plädierte dafür, die Studien zur Pornografie-Nutzung durch Jugendliche ernst zu nehmen. Daher muss die medienpädagogische Begleitung zu einem kompetenten Umgang mit pornografischen Inhalten beitragen. Neben einer Entdramatisierung der Wirkungsvermutungen muss es dazu auch um eine vernünftige Ausbalancierung mit regulatorischem Jugendschutz gehen, um z.B. eine ungewollte Konfrontation Minderjähriger mit Pornografie zu verhindern. Außerdem sei eine sexualpädagogische Professionalisierung aller pädagogisch arbeitenden Menschen erforderlich, so Büsch.
Dr. Marion Thuswald (Akademie der bildenden Künste Wien) betrachtete Pornografie im Anschluss aus sexualpädagogischer Perspektive. Eine gelungene sexuelle Bildung biete Wissen, um Pornografie einzuordnen. Es sei wichtig, zu informieren und zu differenzieren, anstatt zu moralisieren und zu skandalisieren. Heranwachsende müssten beim Thema Pornos und Sexualität in ihrer Wahrnehmung durch Eltern wie Pädagog*innen ernst genommen werden.
Kulturwissenschaftlerin und Bestseller-Autorin Madita Oeming räumte in ihrem Input mit Mythen rund um die Nutzung von Pornos durch Jugendliche auf. Sie warb für einen aufgeschlossenen und unaufgeregten Umgang mit pornografischen Inhalten. Die Diskussion um Pornografie sei zu oft geprägt von einer wertorientierten Agenda und neige dazu, Ängste zu schüren, erklärte Oeming.
Kulturforum WDR 3 zeichnet Podiumsdiskussion auf
Workshops boten am Nachmittag wertvolle Ansätze für die pädagogische Praxis. Sie thematisierten medien- und kunstpädagogische Methoden, die zur Sensibilisierung und Stärkung von Kindern und Jugendlichen beitragen. Das abschließende Podiumsgespräch, moderiert von Martin Geisler (Ernst-Abbe-Hochschule Jena) und aufgezeichnet für das WDR3 Forum, führte die verschiedenen Sichtweisen nochmals zusammen. Die Diskussionsrunde mit Denise Schönnenbeck (Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz), Medienkünstler Ruja Kiss, Marion Thuswald und Andreas Büsch bot eine Plattform für Perspektiven auf die pädagogische Praxis.
Alle Expert*innen warben für eine Enttabuisierung des Themas – gerade im Kontext von Bildung und Beratung. Pornos müssten dabei als inszenierte Medienproduktionen unserer Sexualkultur verstanden werden. Die Kompetenz-Förderung dürfe nicht nur Kinder und Jugendliche berücksichtigen, sondern sollte auch Eltern, Lehrer*innen und Fachkräfte einbeziehen. Ein Ziel muss sein, alle Beteiligten über Pornografie gesprächsfähig zu machen, um Kinder und Jugendliche mit ihren Erfahrungen nicht allein zu lassen.
Horst Pohlmann (FB Medien) und Brigitte Dietze (FB Bildende Kunst) fassen zusammen: „Die Tagung hat gezeigt, dass pädagogische Fachkräfte, Eltern, Kinder und Jugendliche eine Verantwortungsgemeinschaft bilden. Für eine umfassende sexuelle Bildung und medienpädagogische Kompetenz-Förderung ist eine multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Schule, Sexual-, Kunst- und Medienpädagogik sowie Sozialarbeit nötig. Nur so lässt sich klären, welche pädagogischen Ziele wir in Pornokompetenz-Projekten erreichen wollen. Auch mit Blick auf eine kritische Haltung zu Pornokonsum und den kommerziellen Strukturen, die dahinterstehen.“
Kooperationspartner
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