Flächenbrand

Flächenbrand
Szenenbild aus Flächenbrand © Matthias-Film gGmbH

Worum geht`s?

Eckdaten des Films: Ein Film von Rainer Fromm

Länge: 32 Minuten

Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2023, Deutschland

Produktion: Matthias-Film gGmbH

empfohlen ab 14 Jahren, Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG

Schuljahre: ab Klasse 9

„Viele Menschen aus der bürgerlichen Mitte fühlen sich in Deutschland von der Regierung nicht mehr repräsentiert. Sie suchen auf die komplexen Herausforderungen der heutigen Zeit Antworten, die sie von den herkömmlichen Parteien nicht mehr bekommen. Die Zuwanderungsdebatte, die Corona-Pandemie, die Debatte über den menschengemachten Klimawandel und die Konsequenzen für die privaten Haushalte haben Deutschland verändert. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger suchen nach einfachen Lösungsansätzen oder Sündenbockmechanismen, um der gefühlten Hilflosigkeit zu entgehen. Für Reichsbürgergruppen oder rechtsradikale Parteien wie die ‚Alternative für Deutschland (AfD)‘ ist ein riesiges Reservoir an Interessierten gewachsen. Die Dokumentation von Rainer Fromm gibt tiefe Einblicke in die verschiedenen rechtsextremistischen Bewegungen und lässt deren führende Köpfe aber auch Mitläufer zu Wort kommen, warum sie sich von der Regierung nicht verstanden fühlen und welche Wege sie in Zukunft für sich wählen …“ (© Matthias-Film gGmbh)

Welche medienpädagogischen Themen werden im Film angesprochen?

  • Politik
  • Rechtsextremismus
  • Desinformation
  • Informationskompetenz
  • Medienkompetenz

Schwierige politische Lage in Deutschland

Das Ende des Jahres 2024 und der Beginn des Jahres 2025 sind geprägt von politischen Debatten und einem außerplanmäßigen Wahlkampf. Am 16. Dezember des letzten Jahres verliert Kanzler Scholz die Vertrauensfrage und bittet den Bundespräsidenten um die Auflösung des Bundestags. Infolgedessen findet am 23. Februar 2025 die Neuwahl des Bundestags statt. Das aktuelle politische Geschehen ist Ergebnis innerdeutscher und weltweiter Entwicklungen in Gesellschaft und Politik sowie der nationalen und globalen Herausforderungen und Krisen.

Schon seit Langem wächst die politische Unzufriedenheit in Teilen der deutschen Bevölkerung. Das offenbart sich gerade in den letzten Jahren in dem Zulauf, den demokratiekritische und demokratiefeindliche Parteien und Organisationen erfahren. Der Film „Flächenbrand“ greift das Phänomen auf und dokumentiert und analysiert die Gruppierungen aus der Perspektive des Verfassungsschutzes und der Forschung. Zu den demokratiefeindlichen Parteien zählt unter anderem die „Alternative für Deutschland (AfD)“, die inzwischen vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall bzw. als in Teilen „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung stellt die Partei mit Alice Weidel eine eigene Kanzlerkandidatin. Das korreliert mit dem Parteizuwachs und den steigenden Wählerstimmen. In den letzten Landtagswahlen konnte die AfD vor allem in den neuen Bundesländern deutlich an Einfluss gewinnen.

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Szenenbild aus Flächenbrand © Matthias-Film gGmbH

Zunehmende Radikalisierung

Zudem erfahren auch weitaus extremere Organisationen – wie die Reichsbürger, die den Staat Deutschland, seine Gesetze und Struktur nicht anerkennen – einen vermehrten Zulauf innerhalb der Bevölkerung. Besonders offenkundig wird das bei rechten Demonstrationen gegen die aktuelle Politik. Bei diesen kommen häufig diverse rechtsextreme und -populistische Organisationen zusammen und gehen gemeinsam auf die Straße. Auch die AfD tritt als Teil dieser Demonstrationen auf und zeigt sich im Protest und den Parolen ungeniert mit gesichert verfassungsfeindlichen Organisationen.

Darin zeigt sich eine Radikalisierung von Teilen der Bevölkerung, aber auch der Politik. Es sitzen bereits rechtspopulistische und rechtsextreme Politiker:innen im deutschen Bundestag, die von einem nicht zu unterschätzenden Teil der Bevölkerung demokratisch gewählt wurden. Damit stellt sich die Frage, wie dieser Radikalisierung entgegengetreten werden kann, ohne eine Spaltung der Gesellschaft weiter zu befördern. Es bedarf einer bildungs- und realitätsorientierten Auseinandersetzung mit den hinter der Radikalisierung stehenden Bedürfnissen der Menschen, damit die Demokratie eine gesicherte Konstante in Deutschland bleibt.

Soziale Medien als Wahlkampfplattformen

Das Weltgeschehen, politische Entscheidungen, die zahlreichen Krisen und ihre Hintergründe sind äußert komplex und können Bürger:innen schnell überfordern. Daher wird die rechtsextreme Radikalisierung häufig vom Glauben an Verschwörungstheorien befördert. Diese sind oft die Einfallstüren für Populismus. Denn sie machen rechtsextreme Organisationen und Parteien für viele Menschen attraktiv, da diese für unüberschaubere Probleme Sündenböcke und einfache vermeintliche Lösungen bieten.

Auch die AfD macht sich vereinfachende Narrative zu Nutze. Das Anprangern von angeblichen Schuldigen an komplexen Situationen macht populistische Organisationen brandgefährlich. Die Anschuldigungen schüren Hass und hetzen Bürger:innen gegeneinander auf. Der Film „Flächenbrand“ zeigt extremistische Mechanismen und populistische Rhetorik auf und lässt sie von Expert:innen einordnen.

Hetze, Anschuldigungen und Verbreitungen von rechten Theorien und Glaubenssätzen finden in den letzten Jahren vermehrt in den Sozialen Medien statt. Gerade unter jungen Wähler:innen erzielt die AfD eine große Reichweite auf Tik Tok und Instagram. Das gelingt mit politischen Aussagen, die einfache Antworten auf komplexe Probleme geben, angebliche Schuldige anprangern und Emotionen wie Wut und Angst hervorrufen. Um mit solchen Posts, Kommentaren und Interaktionen umgehen zu können, bedarf es einer Medienkompetenz, die nur durch eine umfassende Medienbildung zu erwerben ist. Hier spielen besonders Faktenchecks, Online-Etikette und der angemessene Umgang mit Hass und Hetze im Internet und in den Sozialen Medien eine Rolle.

Anfang 2025 befinden sich die Parteien in Deutschland in einem kurzen, intensiven Wahlkampf bis zum Neuwahltermin am 23. Februar 2025. Gerade in dieser Phase ist es wichtig, sich mit Wahlkampfmethoden, Verschwörungserzählungen und verfassungsfeindlichen Tendenzen auseinanderzusetzen und aufzuzeigen, wo die Risiken von Extremismus und Populismus liegen.

Zum Einsatz in der (außer-)schulischen Medienarbeit mit Jugendlichen

Politik und Wahlen beschäftigen auch Jugendliche, selbst wenn sie noch nicht wahlberechtigt sind. Politische Entscheidungen beeinflussen ihr Leben und ihre Möglichkeiten. Täglich werden sie online, vor allem in den sozialen Netzwerken, mit politischen Inhalten und Beiträgen von Parteien konfrontiert. Dabei kann es sich auch um Fake News oder Verschwörungsinhalte handeln. Sich in diesem Feld zu positionieren und sich eine eigene Meinung zu bilden, ist nicht einfach. Das Erkennen von falschen und propagandistischen Aussagen ist für die Meinungsbildung essentiell und schützt vor Manipulation und ideologischer Propaganda.

Die Auseinandersetzung mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu diesem Thema ist deshalb besonders relevant. Die Beschäftigung mit politischen Inhalten und dem komplexen Weltgeschehen trägt dazu bei, die Jugendlichen auf ihrem Weg zu ihrer Verantwortung als Bürger:innen zu begleiten. Denn jede/r mündige Bürger:in in Deutschland ist dazu angehalten zu wählen, um an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Selbst wenn viele Jugendliche bei der anstehenden Bundestagswahl noch nicht selbst wählen dürfen, äußern sie sich doch in den Sozialen Medien und engagieren sich politisch. So nehmen auch sie Einfluss auf das politische Geschehen – idealerweise aus einer reflektierten und fundierten Meinung heraus. Außerdem fördert der Austausch über Politik und die komplexen Zusammenhänge hinter politischen Entscheidungen das kritische Denken und befähigt die Jugendlichen dazu, sowohl die eigenen Standpunkte als auch die von anderen zu hinterfragen und einzuordnen.

Suche nach Orientierung

Der Austausch über die Gefahren des Rechtsextremismus ist gerade bei Jugendlichen essentiell, da sie sich in der Entwicklungsphase der Pubertät und der Adoleszenz in einer intensiven Orientierungsphase befinden. Die Jugendlichen suchen nach Gemeinschaft, Anerkennung und Antworten auf viele Fragen und Unsicherheiten, die zusammenhängen mit dem Erwachsenwerden in einer komplexen und unübersichtlichen Welt, die sich zudem im ständigen Wandel befindet. Außerdem sehnen sie sich nach Orientierung und Vorbildern, zu denen sie aufschauen und durch die sie Bestätigung erlangen können. Diese Bedürfnisse werden von rechtsextremen Organisationen und ihrer Präsenz im Internet aufgegriffen und vermeintlich erfüllt. Die Jugendlichen erfahren ein Gefühl von Überlegenheit, wenn sie aufgrund rechtsextremer Propaganda komplexe Sachverhalte durchschaut zu haben glauben, ohne auf staatliche „Lügen“ hereinzufallen. Dieser Gefahr der Manipulation ist in einem bildungs- und medienpädagogischen Setting gezielt zu begegnen.

Der Austausch über verschiedene politische Themen und Standpunkte ist ebenfalls essentiell. Es ist wichtig zu lernen, dass unterschiedliche Meinungen nebeneinander existieren können und dass gerade das die Demokratie ausmacht. Es ist aber auch wichtig zu erkennen, wo die Grenzen der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit sind und wo es eine Verschiebung hin zu Hetze und Desinformation gibt. Diskussionen sind dabei als Chance zu begreifen, Ideen und Perspektiven auszutauschen und Verständnis und Respekt füreinander zu entwickeln. Dabei soll klar werden, dass es im Weltgeschehen Divergenzen und Dilemmata gibt, die nicht zu klären oder aufzulösen sind und die es auszuhalten gilt.

Zum Einsatz mit Erwachsenen

Auch der Austausch mit und unter Erwachsenen über das Thema Rechtsextremismus und -populismus ist wichtig. Im Leben von Erwachsenen gibt es immer wieder Phasen der Umorientierung und des Wandels, die sich auf die politische Einstellung auswirken können. Stets kann es zu lebensverändernden Ereignissen kommen, die eine Anfälligkeit für Verschwörungserzählungen und Desinformationen zur Folge haben können.

Die wachsende Zustimmung für die AfD oder die Reichsbürgerbewegung geht zu großen Teilen von Erwachsenen aus. Aufgrund der eigenen Unzufriedenheit und einem Wunsch nach mehr Sicherheit und Wohlstand wenden sich auch Erwachsene undemokratischen und verfassungsfeindlichen Organisationen zu mit der Hoffnung, dort Antworten und Anerkennung zu finden. Wichtig ist es, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben und sie nicht zu verurteilen. Stattdessen sollte man ihre Sorgen, Ängste und Bedürfnisse ernstnehmen und eine Kommunikation auf Augenhöhe anstreben, um alternative politische und demokratische Wege aufzuzeigen. Das ist auch bedeutsam in Bezug auf die kommende Generation, da Erwachsene Kindern und Jugendlichen als Vorbilder dienen.

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Szenenbild aus Flächenbrand © Matthias-Film gGmbH

Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit

Faktencheck

Die Teilnehmer:innen arbeiten in Kleingruppen zusammen. Jede Gruppe erhält eine aktuelle Wahlkampfaussage der AfD oder Statements von anderen staatsfeindlichen Gruppierungen, wie beispielsweise den Freien Sachsen oder den Reichsbürgern. Die Teilnehmer:innen sollen die Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen und gesicherte Fakten zu den behandelten Themen zusammentragen. Dazu sollen sie online recherchieren und sichere Seiten, wie beispielsweise Mimikama oder den ARD-Faktenfinder, finden und nutzen. Im Anschluss gibt es eine Präsentation der Aussagen und der durchgeführten Faktenchecks. Die Ergebnisse können online geteilt werden, damit die Teilnehmer:innen fundierte Fakten haben, die sie in Diskussionen nutzen können.

Propaganda aufdecken

In einer Präsentation sollen sich die Teilnehmer:innen mit den Strukturen und Mechanismen von Propaganda beschäftigen. Dazu wird online recherchiert und die typischen Merkmale und Stilmittel werden in einem Tool zur Zusammenarbeit, wie beispielsweise Taskcard oder Etherpad, zusammengetragen. Die Teilnehmer:innen sollen sich mit der Manipulation auseinandersetzen, die Systematik hinter den öffentlichen Auftritten der Gruppierungen erkennen und ihre Ergebnisse der Gruppe vorstellen.

Übung Counter-Speech

Innerhalb des Umfelds der Teilnehmer:innen wird es, gerade im Zeitraum von Wahlen, in politischen Diskussionen und Gesprächen immer wieder zu einer Konfrontation mit propagandistischen Falschaussagen und Verschwörungserzählungen kommen. Diesen gefährlichen Aussagen entgegenzutreten, ist nicht immer leicht. Deshalb sollen sich die Teilnehmer:innen im geschützten Raum der Gruppe unter professioneller Anleitung von Medienpädagog:innen in Counter-Speech, also der Gegenrede gegen Hass und Hetze, üben. Die genutzten Argumente werden anschließend auf einem digitalen Whiteboard wie beispielsweise Miro gesammelt, so dass sie allen Teilnehmer:innen zur Verfügung stehen.

Quellencheck

Diese Übung eignet sich besonders für Jugendliche. Die Teilnehmer:innen sollen die Seite Fake-Finder des SWR aufrufen. Dort werden im Rahmen eines digitalen Spiels verschiedene Meldungen in einem fingierten Feed gepostet, die auf ihre Quellen zu prüfen sind. Der/die Spieler:in muss einordnen, ob Überschriften und Artikel Fake, wahr oder Satire sind. Das Spiel entspricht der Lebenswelt der Jugendlichen, denn es bietet ein alltägliches Setting wie in den Sozialen Medien oder in Messenger-Diensten. Täglich sind Menschen dort mit Nachrichten konfrontiert und müssen Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen.

Weiterführende Materialien

Zu Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien gibt es in unserer mekomat-Datenbank zahlreiche Materialen. Beispiele dafür sind Gaming und Rechtsextremismus, Praxismaterial Beteiligung – Meinungsbildung, „Wo ist Romi?“ und viele andere. Eine große Zahl von Praxisbeispielen findet sich in der Good-Practice-Sammlung des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz. Auch unser Filmtipp „Irrationalismus“, der sich mit Verschwörungstheorien auseinandersetzt, und unser Filmtipp „Radikal“, der sich um die Folgen der Radikalisierung von Jugendlichen dreht, befassen sich mit dem Thema.

Für wen?

Jugendliche ab 14 Jahren, Jugendliche, Erwachsene, Senior:innen

Bezugsmöglichkeiten

Der Film steht zum Download im Medienportal zur Verfügung.

Fazit

Der Dokumentarfilm „Flächenbrand“ zeichnet ein bestürzendes und realistisches Bild der politischen Lage in Deutschland. Dadurch eignet er sich als Einstieg in die Auseinandersetzung mit den Themen Rechtsextremismus und -populismus. Die Aktualität des Films schafft eine fundierte Wissensgrundlage und die Einordnungen des Mitarbeiters des Verfassungsschutzes sind eine gute Diskussionsgrundlage. Der Film lässt Menschen zu Wort kommen, die Deutschland nicht als Staat anerkennen, und entlarvt ihre Rhetorik.  Die Frage, wie Anhänger:innen rechtsextremer Organisationen entgegengetreten werden kann, wird  im Film nicht beantwortet. „Flächenbrand“ bedarf deshalb einer ausführlichen pädagogischen Anschlusskommunikation, die durch weitere Materialien gestützt ist.

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