Medienkompetenz fördern statt soziale Medien verbieten

Medienkompetenz fördern statt soziale Medien verbieten - Illustration zur Stellungnahme der GMK vom 16.12.2024
Grafik: GMK

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK) hat heute eine Stellungnahme aus medienpädagogischer Sicht zu dem Ende November verabschiedeten sogenannten „Australian Ban“ veröffentlicht. Das Gesetz will soziale Medien bzw. den Zugang dazu für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren in Australien sperren. Ausschlaggebend dafür sei, dass fast zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen in Australien sich online bereits schädliche Inhalte angesehen haben – darunter Drogenmissbrauch, Selbstmord, Selbstverletzung und gewalttätiges Material.

Plattformbetreiber kritisieren das Gesetz, da es bisher keine Entscheidung zur Umsetzung der notwendigen Alterskontrollen gibt. Auch aus Sicht des Datenschutzes wirft das Gesetz Fragen auf. Viel grundlegender sind aber Fragen zu den in der UN-Kinderrechtscharta verbrieften Kinderrechten auf Schutz, Befähigung und Teilhabe in der digitalen Gesellschaft. Die medienpädagogische Perspektive betont die Notwendigkeit, junge Menschen nicht durch Restriktionen, sondern durch Bildung und Partizipation zu stärken.

Soziale Medien: Schutz durch Verbote?

Selbstverständlich ist nach Ansicht der Autor:innen der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Risiken wie Cybermobbing sowie problembehafteten Inhalten und Nutzungsweisen wichtig. „Jedoch löst ein Verbot diese Herausforderungen nicht, sondern verlagert sie lediglich auf andere, oftmals weniger regulierte Plattformen wie Messenger-Dienste“, heißt es dazu in der Stellungnahme. Die vielfältigen Zwecke, die soziale Medien für junge Menschen erfüllen, kämen damit ebenso wenig in den Blick wie deren Funktion als wesentliche Lern- und Erfahrungsräume. Insofern könnte das Verbot durchaus kontraproduktiv wirken: „Kinder und Jugendliche werden zudem Mittel und Wege finden, um weiterhin Zugang zu sozialen Medien zu erhalten, z. B. durch die Nutzung von Geräten ihrer Eltern oder älteren Geschwister. Ein Verbot führt dazu, dass sie Strategien zum Umgang mit digitalen Risiken nicht erlernen und einüben können, und erhöht die Hemmschwelle, sich bei Überforderung an Vertrauenspersonen zu wenden.“

Die zentrale Forderung der Stellungnahme lautet daher wiederum, „die Plattformbetreiber stärker in die Verantwortung zu nehmen, sichere und altersgerechte Umgebungen zu schaffen“. Altersnachweise durch biometrische Daten oder Ausweiskopien, wie in Australien vorgeschlagen, bergen jedoch erhebliche Risiken für den Datenschutz nicht nur der jungen Menschen und können Ziel von Hackerangriffen oder Datenverkäufen werden. Eine verantwortungsvolle Regulierung sollte auf Transparenz, Datenschutz sowie die kind- und jugendgerechte Gestaltung von digitalen Räumen setzen.

Befähigung: Förderung von Medienkompetenz

Anstelle von Verboten wäre es sinnvoller, den Fokus auf die Befähigung junger Menschen zu legen, damit diese lernen, kompetent und verantwortungsvoll mit sozialen Medien umzugehen. „Medienkompetenz ist daher der Schlüssel, um Risiken zu minimieren und Chancen zu maximieren. Junge Menschen müssen u. a. lernen, Informationen kritisch zu bewerten, Datenschutzaspekte zu verstehen und sich sicher und souverän in sozialen Netzwerken zu bewegen. Dies gelingt jedoch nur, wenn sie zum einen Zugang zu den Plattformen haben und zum anderen ihre Teilnahme an medienpädagogischen Projekten der schulischen und außerschulischen Medienbildung gewährleistet wird“, so die Autor:innen der Stellungnahme. Zugleich betonen sie, dass dafür mehr Bildungsmaßnahmen als bisher sowohl im schulischen wie im außerschulischen Bereich nötig wären.

Außerdem bräuchte es sichere digitale Räume. Plattformanbieter müssten zu wirksamen Maßnahmen u. a. gegen Hassrede, überfordernde Inhalte sowie Faktoren und Mechanismen, die problematische Nutzungsweisen begünstigen, verpflichtet werden. Schließlich gilt es, junge Menschen einzubeziehen: „Ihre Perspektiven müssen gehört und ihre Rechte, wie sie in internationalen Dokumenten wie der UN-Kinderrechtskonvention (1989) und ihrer Erweiterung für das digitale Umfeld (2021) verankert sind, müssen bei der Regulierung digitaler Räume berücksichtigt werden. Nur auf diesem Weg werden Kinder und Jugendliche in der digitalen Gesellschaft sowohl geschützt als auch befähigt und können altersgemäß, gleichberechtigt und diskriminierungsfrei digital und damit gesellschaftlich teilhaben.“

Über die GMK

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK) setzt sich für die Förderung einer ganzheitlichen, umfassenden Medienpädagogik und Medienkompetenz ein. Hierbei gilt es, soziale, ethische, kulturelle, kreative und politische Aspekte mit technischen Kompetenzen und Voraussetzungen zu verknüpfen. Sie wurde 1984 als bundesweiter Zusammenschluss von Fachleuten aus den Bereichen Bildung, Kultur und Medien gegründet. Als gemeinnütziger Verein und größter medienpädagogischer Fachverband für Institutionen und Einzelpersonen ist die GMK Plattform für Diskussionen, Kooperationen und neue Initiativen.

Die Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz an der KH Mainz ist institutionelles Mitglied der GMK.

Den vollständigen Text der Stellungnahme finden Sie auf der Website der GMK.

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