Un|Sichtbarkeiten. 40. Forum Kommunikationskultur

Logo der GMK beim Forum Kommunikationskultur in Bielefeld - Un|Sichtbarkeiten
Foto: Andreas Büsch – Clearingstelle Medienkompetenz

Zu einem kleinen Jubiläum trafen sich am vergangenen Wochenende Mitglieder und Gäste der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur – GMK an deren Gründungsort Bielefeld. Zwar wird die GMK erst im kommenden Jahr 40 Jahre als, aber schon in diesem Jahr stand das 40. jährliche Treffen, das Forum Kommunikationskultur an. Thematisch ging es unter dem Titel Un|Sichtbarkeiten um Medienpädagogik, Intersektionalität und Teilhabe.

Denn wer in Medien vorkommt, wer sichtbar ist und wer nicht, ist weniger Ausdruck gesellschaftlicher Realität als herrschender Normvorstellungen. Und das gilt auch für die Medienpädagogik, wie ein Blick in das überwiegend weiße Auditorium verriet. Dabei ging es durchweg nicht darum, identitäre Diskurse zu führen, sondern die „Schönheit der Differenz“ (Hadija Haruna-Oelker) in den Blick zu nehmen. Allerdings kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass verschiedene Formen von Diskriminierung mit Privilegien unmittelbar verwoben sind. Wer eine weiße Hautfarbe hat, ist in Deutschland entgegen mancher Theorien privilegiert bei Bildungschancen, sozialen Aufstiegsmöglichkeiten und allgemeiner Bewegungsfreiheit. Wer cis-normativ heterosexuell gelesen wird, wird kaum Opfer queerfeindlicher Diskriminierung werden. Wobei genau die Frage, wer oder was eigentlich die Norm ist, viel mit der medialen Repräsentation von Wirklichkeit zu tun hat.

Un|Sichtbarkeiten: Medienpädagogik zwischen Empowerment und KI-Bias

In Lesungen der Journalistin Hadija Haruna-Oelker und der Spokenword-Poetin Hamida Shamat, mit Vorträgen, Lightning-Talks, Gesprächen und natürlich in Workshops ging es um unterschiedliche Facetten des Themas Un|Sichtbarkeiten. Im Mittelpunkt stand dabei immer wieder die Frage, wie Empowerment aussehen muss, das Menschen zur Sichtbarkeit verhilft. Dass soziale Netzwerke und die theoretisch niedrigschwelligen Beteiligungsmöglichkeiten nicht schon an sich zur digitalen Souveränität verhelfen, ist angesichts der Macht der Datenkonzerne und algorithmischer Entscheidungssysteme deutlich. Denn KI reproduziert und verstärkt die Ungleichheiten, die im Ausgangsmaterial, den Trainingsdaten, bereits enthalten sind. Insofern gilt es, nach wie vor kritische Kompetenzen zu vermitteln und Räume zu eröffnen, damit alle Menschen in ihrer Verschiedenheit sich äußern und über ihre Sichtbarkeit selbst bestimmen können.

Dabei wird je nach Zielgruppe möglicherweise ein Dilemma (medien-)pädagogischen Handelns zum Tragen kommen. Denn zum Erziehungs- und Bildungsauftrag gehört es, politisch wie gesellschaftlich wichtige Themen zu setzen. Dabei gilt es aber, die Bedürfnisse und Lebenswelten der jeweiligen Zielgruppen nicht zu ignorieren. Hinzu kommt, dass es bislang noch keine Didaktik der Intersektionalität gibt. Für alle Interessierten muss der erste Schritt sein, sich der eigenen Privilegien und Diskriminierungen bewusst zu werden. Parallel dazu gilt es, gesellschaftliche Benachteiligungen offenzulegen hinsichtlich materiellem Zugang, Überforderung, fehlender Berücksichtigung sprachlicher Ressourcen usw. Dies kann helfen, sich der eigenen Urteile bewusst zu werden: Inwiefern sind sie einseitig und parteiisch? Inwiefern diskriminieren sie andere?
Dass das alles keine einfachen Prozesse sind, wurde auch deutlich. Denn „über Nanotechnologie zu sprechen ist einfacher – weil wir nicht auch beteiligt sind wie bei Geschlechterverhältnissen“ (Paul Merechil).

Preisträger:innen des Dieter-Baacke-Preises 2023 mit KIKA-Moderator Tim Gailus
Preisträger:innen des Dieter-Baacke-Preises 2023 mit Moderator Tim Gailus vom KIKA (rechts)
(Foto: Andreas Büsch – Clearingstelle Medienkompetenz)

Preiswürdige Projekte und gruselige KI

Im Rahmen des GMK-Forums fand wie in jedem Jahr die Verleihung des Dieter-Baacke-Preises statt. Damit zeichnen das Bundesfamilienministerium und die GMK sieben herausragende medienpädagogische Projekte in verschiedenen Alters-Kategorien aus. Den Sonderpreis erhielt in diesem Jahr das JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis für das Planspiel „KI und wir – gruselig und genial“. Eine ausführliche Darstellung aller Projekte und Preisträger:innen findet sich auf einer eigenen Seite der GMK sowie demnächst im Sammelband zum Dieter-Baacke-Preis 2023.

Bereits am Freitagmittag fand die Mitgliederversammlung der GMK statt, in der u. a. ein neuer Bundesvorstand gewählt wurde. Wir gratulieren den neuen Vorsitzenden und dem gesamten Team und freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.

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