Endlich war es wieder so weit – das Alumni-Treffen der #mepps-Absolvent:innen stand an, und zwar live und vor Ort! Die erweiterte Kursleitung hatte ein spannendes Programm vorbereitet. Allerdings bedingten die wieder ansteigenden Inzidenz-Werte dabei ebenso wie bei der die Teilnehmenden-Liste kurzfristige Änderungen. Die Keynote von Dr. Harald Gapski unter dem Titel „Kritische Medienbildung für ein Leben in der ‚digitalen Sozialmaschine‘?“ bot aber reichlich Stoff zur Diskussion.
Gapski, Leiter der Abteilung Forschung des Grimme-Instituts und derzeit Fellow am Center for advanced Internet Studies (CAIS), setzte an bei verschiedenen Beispielen, wie die digitale Transformation unseren Alltag bestimmt. Näherhin ging es um die Wechselbeziehungen zwischen subjektiver Welt, sozialer Welt und technologischer Entwicklung. Dabei bedeutet die umfassende Mediatisierung der Lebenswelten auch das Entstehen von Daten bei jeglicher Interaktion. Bislang ist Medienpädagogik durchaus intensiv bei der Auseinandersetzung mit bewusst erstellten Daten („Think before you post!“). Dagegen stellen Metadaten ebenso wie abgeleitete und algorithmisch erzeugte Daten offensichtlich eine Herausforderung auch für (medien-)pädagogisches Handeln dar. Auf der Ebene der Vernetzung und Interaktion müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Euphorie der Anfangsjahre von Social Media verflogen ist. Statt der erhofften Partizipation aller sind tatsächlich Teil- und Nebenöffentlichkeiten bzw. Informations-Enklaven entstanden, die eben keinen Anschluss mehr an eine wie auch immer gedachte Öffentlichkeit haben.
Herausforderungen durch die digitale Sozialmaschine
Wir leben und interagieren mit vielfältigen, parallelen und verschachtelten digitalen, algorithmischen Sozialmaschinen auf allen Ebenen. Diese basieren auf Datafizierungsprozessen des Vermessens und Bewertens und laufen zusammen mit „neoliberale[r] Steigerungs- und Leistungsorientierung sowie Disziplinierung im Regime der Quantifizierung“, so Steffen Mau (2017) in seinem Buch „Das metrische Wir“ (S. 47). Damit steht die (Medien-)Pädagogik vor mehreren Herausforderungen: Zum einen führen die ganzen Datenflüsse, Rückkoppelungsschleifen und künstlichen Kommunikatoren dazu, dass die Vorstellung einer individuellen Mediennutzung obsolet wird. Plausibler ist die Beschreibung als „vernetztes, kollektives, hybrides, vermessenes, ökonomisiertes Interagieren im digitalen Raum“. so Gapski. Zum anderen ist die Idee eines souveränen Subjekts „mit Kontrollverlust, Intransparenz, Verhaltensbeeinflussung, Machtasymmetrien usw. konfrontiert“. Dies bedeutet nun nicht, dass wir dem hilflos ausgeliefert seien. Aber es braucht andere Kompetenzen und einen anderen, übergeordneten Begriff von (Medien-)Bildung.
Sowohl in der Diskussion mit dem Referenten als auch in einem eigenen Slot im Alumni-Barcamp gingen die Teilnehmenden der Frage nach, wie angemessene medienpädagogische Strategien aussehen müssten. Dabei war völlig klar, dass es angesichts der aufgezeigten Bedrohungen für die Identitätsbildung weder darum gehen kann, in bewahrpädagogische Konzepte zurück zu verfallen, noch ein Ignorieren der Entwicklungen weiter hilft. Der digitalen Sozialmaschine zu begegnen bedeutet sicher auch, dass Medienpädagogik (wieder) kritischer und politischer werden muss. Neben der reflexiven Ebene helfen praktisch auch Rollenspiele, die die Zielgruppen bewusst in die Rolle der „Bösen“ versetzen und so dazu beitragen, die Strategien zu durchschauen.
Austausch und Vernetzung
Eine weitere Session im Barcamp beschäftigten sich unter anderem mit der Loulou-App, einem Projekt der Stiftung Digitale Spielekultur, dass zur Auseinandersetzung mit Strategien rechter InfluencerInnen in den Sozialen Medien einlädt. Schließlich gab es noch eine Session zum Thema Prävention sexueller Gewalt und notwendigen medienpädagogischen Hinweisen für Handreichungen dazu.
Neben aller inhaltlichen Arbeit war neben dem Speed-Dating, in dem sich die Teilnehmenden aus den verschiedenen #mepps-Jahrgängen kennen lernten, und dem Abend für offene Gespräche, reichlich Raum und Zeit. Dennoch kam in der Auswertung wiederholt der Wunsch nach einer Verlängerung auf ein komplettes Wochenende auf. Das zeigt zum einen, dass das Alumni-Wochenende gefallen hat. Zum anderen belegt es aber auch den Bedarf nach (mehr) Austausch und Vernetzung.
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