Aufwachsen in der Medienwelt

Aufwachsen in der Medienwelt
Screenshot aus „Aufwachsen in der Medienwelt“ © libellefilm

Worum geht`s?

Eckdaten des Films:

Ein Film von Anja Hansmann und Susanne Richter

Länge: ca. 40 Minuten, aufgeteilt auf 8 Kurzvideos

Erscheinungsjahr, Produktionsland: 2016, Deutschland

Produktion: Libellefilm, im Auftrag der Deutschen Liga für das Kind

„Aufwachsen in der Medienwelt“ ist eine Zusammenstellung von acht Kurzfilmen, die sich mit dem Einsatz von Medien im Kleinkindalter befassen. Jedes der Videos hat einen eigenen Themenschwerpunkt mit Bezug zur Medienbildung, zugeordnet nach Alter, Umgebung und Einsatzmöglichkeiten. In den Kurzfilmen wechseln Szenen aus Kindertagesstätten oder aus der Tagespflege mit Originaltönen von Pädagog:innen. Diese kommentieren das Geschehen oder erklären eigene Standpunkte und Vorgehensweisen zu dem Thema. Die Kurzfilme machen deutlich, dass Kinder schon von Beginn an von Medien – digital und analog – umgeben sind und sich mit diesen auseinandersetzen. Die einzelnen Videos geben Denkanstöße aus verschiedenen Perspektiven und einen ersten Überblick zur Thematik.

Welche medienpädagogischen Themen werden im Film angesprochen?

  • Medienbildung
  • Medienerziehung
  • Medienkompetenz
  • Aktive Medienarbeit
  • Medienpädagogik

Die (digitale)Medienwelt im Alltag

Medien begleiten Menschen von Beginn ihres Lebens an. Das ist kein neues Phänomen, sondern schon lange Teil der Realität, auch bereits vor dem Aufkommen der Massenmedien. Die Medienwelt nimmt einen großen Teil des Alltags ein. Ihre Einflussnahme hat sich schon mit dem Erscheinen der Printmedien gewandelt. Besonders die elektronischen und digitalen Medien haben die mediale Präsenz in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert und verstärkt. Die technischen Entwicklungen und die damit einhergehenden Möglichkeiten wachsen immer schneller und sind inzwischen bei vielen Routinen und Handlungen nicht mehr wegzudenken. Damit haben besonders die elektronischen und digitalen Medien Informations- und Kommunikationsabläufe und gesellschaftliches Verhalten restrukturiert. Viele alltägliche und berufliche Praktiken funktionieren nicht mehr problemlos ohne ein Smartphone oder den Zugang zum Internet.

Die Entwicklung der Medien und ihre Auswirkungen kommen auch bei Kindern und Kleinkindern an. Durch die alltägliche Präsenz und die Mediennutzung der Bezugspersonen bekommen Kinder sehr früh vieles mit. Digitale Medien sind deshalb Teil der Realität von (Klein-)Kindern und beschäftigen diese. Sie kommunizieren darüber, auch in pädagogischen Einrichtungen. Insofern ist es keine Überraschung, dass seit einigen Jahren ein Diskurs über Kinder und Medien in den Erziehungswissenschaften und unter Pädagog:innen besteht. Da das Feld so weit ist, gibt es diverse Meinungen und Forschungen mit verschiedenen Ansätzen und Argumenten. Deshalb kann es schwer sein, einen Einstieg in das Thema zu finden. „Aufwachsen in der Medienwelt“ versucht, einen facettenreichen Zugang zur Thematik zu ermöglichen und verschiedene Stimmen und Meinungen einzufangen.

Aufwachsen in der Medienwelt
Screenshot aus „Aufwachsen in der Medienwelt“ © libellefilm

Medieneinsatz im Kleinkindalter

Das Angebot von Medieninhalten und medialen Geräten für Kinder und Kleinkinder nimmt stetig zu. Damit stellt sich die Frage nach einem angemessenen und sinnvollen Umgang von Kindern mit (digitalen) Medien. Um das einschätzen zu können, ist es wichtig zu verstehen, welche Dinge und Reize in welcher Entwicklungsstufe von Kindern förderlich und nötig sind. Die Thematik ist häufig im gesellschaftlichen Diskurs präsent und beschäftigt Eltern und weitere Erziehungspersonen stark. Gerade durch die Bandbreite an Informationen, Studien und Angeboten ist es schwer, einen Überblick zu erarbeiten und zu behalten. Auch unter Fachpersonal und Wissenschaftler:innen gibt es kontroverse Meinungen und Handhabungen, was die persönliche Auseinandersetzung und Meinungsbildung erschweren kann.

Die acht Kurzfilme von „Aufwachsen in der Medienwelt“ zeigen verschiedene Perspektiven und Aspekte im Zusammenhang mit der Thematik. Hierbei haben die Pädagog:innen, die zu Wort kommen, unterschiedliche Meinungen und Ansätze. Besonders im Intro ist eine große Bandbreite an Einstellungen zur Mediennutzung im Kleinkindalter zu erkennen. Im ersten themenspezifischen Video geht es um Kinder im Alter bis drei Jahre. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die Pädagog:innen aus einer wissenschaftlichen Perspektive heraus die Nutzung von digitalen Medien in diesem Alter nicht empfehlen. Hierfür werden die Gründe dargelegt und mit Argumenten untermauert. In den weiteren sechs Videos kommen kaum Stimmen zu Wort, die das Nutzen von digitalen Medien ab drei Jahren nicht empfehlen.

Ideen zum Einsatz von Medien mit Kindern

In diesen Kurzfilmen geht es eher um den sinnvollen Einsatz von digitalen und elektronischen Medien. Es werden Beispielprojekte oder -situationen vorgestellt und es wird gezeigt, welche Regeln und Vorgehensweisen zu beachten sind. Auch das Medium Buch mit seiner Bedeutung und seinen Chancen wird kurz in den Blick genommen. Dabei ist aber nicht nur die konkrete Handhabung der Medien Thema, sondern auch die Präsenz und Verarbeitung von Medienerfahrungen, die Kinder in der Medienwelt außerhalb der Einrichtung machen.

Es wird grundsätzlich von dem Einsatz (digitaler) Medien als Werkzeuge gesprochen. Sie sollen nicht Selbstzweck sein, sondern gleichwertig mit anderen Werkzeugen in der Einrichtung genutzt werden. In „Aufwachsen in der Medienwelt“ werden die Gefahren der Nutzung von digitalen Medien mit Kleinkindern angesprochen. Es stehen aber die Chancen von Medien im Alltag, in der Bildung und in der Elternarbeit im Vordergrund.

Zum Einsatz mit Erzieher:innen und Eltern

Die größte Zielgruppe der Kurzfilme sind Menschen, die sich mit dem Aufwachsen, der Erziehung und der Bildung von Kleinkindern beschäftigen. Hierzu zählen vor allem Erzieher:innen und Eltern. In einer Welt mit so vielen Möglichkeiten, Gefahren und unterschiedlichen Stimmen zur Thematik Mediennutzung – gerade bei kleinen Kindern – müssen sich Erziehungspersonen einen eigenen Standpunkt erarbeiten und einen eigenen Stil entwickeln. Das kann aufgrund der Fülle von Informationen überfordernd sein. Um einen Durchblick und eine eigene Einstellung entwickeln zu können, ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema unumgänglich.

Dabei sind mehrere Aspekte zu beachten: das Alter der Kinder, die Entwicklungsschritte, die Inhalte der Medien sowie die Lebenswelt und die Wahrnehmung der Kinder selbst. Je nach Alter und Entwicklungsstufe verarbeiten Kinder die Eindrücke unterschiedlich und benötigen eine daran angepasste Begleitung. Dabei ist auch zu beachten, dass jedes Kind individuell ist. Deshalb ist es essentiell, dass Bezugspersonen  mit den Kindern – unabhängig von Altersfreigaben – in einen Austausch gehen und die Reaktionen auf die Mediennutzung im Blick haben. Hilfreich für eine erste grobe Einschätzung des Materials sind die FSK-Kennzeichnung (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) und die FSM-Kennzeichnung (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Dienstleister). Die Kennzeichnungen schätzen ein, ab welcher Altersgruppe Inhalte angemessen sind, und richten sich dabei nach einem allgemeinen Regelkatalog. Diese Richtlinien können unterstützend bei dem Einsatz von Medien bei Kindern sein. Auf den Webseiten der FSK und FSM sind weitergehende Handlungsempfehlungen für jede Altersfreigabe ausgearbeitet.

Einstieg in die komplexe Medienwelt

Das Feld der (digitalen) Medien und die allgemeine Medienwelt ist komplex, genauso wie das Feld der Erziehung und Bildung. Deshalb kann ein Film nicht das gesamte Thema – mit allen Gedanken und Aspekten – ausreichend beleuchten. „Aufwachsen in der Medienwelt“ bietet aber einen guten Einstieg in die Thematik und regt zum eigenständigen Nachdenken und weiteren Informieren an. Die Kurzfilme können auch ein guter Start für eine Diskussion rund um Medien und (Klein-)Kinder sein. Die in den Videos angesprochenen Medienprojekte, Hinweise und Einsatzmöglichkeiten von verschiedenen Medien können hilfreich und inspirierend für die Gestaltung des eigenen pädagogischen Handelns sein.

Die acht Kurzfilme lassen sich sehr gut als Start in einen Elternabend zum Thema Medien, in der Ausbildung zum/zur Erzieher:in und auf medienpädagogischen Fortbildungen nutzen. Sie bieten Ansatzpunkte für weitere Gespräche und Aktionen zur Thematik und erlauben einen guten ersten Einblick in die Medienarbeit im Alter bis sechs Jahre. Weitergehende Informationen zum Einsatz von Medien mit Kindern finden sich zusätzlich auf Mekomat.de unter dem Schlagwort Familie und Medien. Hier werden verschiedenen Materialien rund um die Thematik vorgestellt und verlinkt und es kann sich weitergehend aus verschiedenen Perspektiven mit ihr befasst werden.

Aufwachsen in der Medienwelt
Screenshot aus „Aufwachsen in der Medienwelt“ © libellefilm

Anknüpfungspunkte für aktive Medienarbeit

„Podiumsdiskussion“

Das Thema Mediennutzung – besonders im Bezug auf Kleinkinder – lädt zur Diskussion ein, da es meist kontroverse Meinungen und überwiegend Vorbehalte gibt. Für eine kreative Variante einer Podiumsdiskussion wird die Gruppe anhand Thesen in Kleingruppen aufgeteilt. Diese können z.B. lauten „Kinder unter sechs Jahren solten keine digitalen Medien nutzen.“, „Kinder haben ein Recht auf Zugang zu und Nutzung von Medien.“, „Kinder brauchen kindgerechte Medien.“, „Kinder ab dem Vorschulalter sollten auch mit digitalen Medien vertraut gemacht werden.“ usw. Zu diesen Thesen positionieren sich die Teilnehmenden jeweils in mindestens zwei Gruppen „Zustimmung“ und „Ablehnung“. Bei größeren Gruppen kann es ratsam sein, auch eine Position dazwischen „Einerseits – andererseits“ zuzulassen.

In den zwei oder drei Kleingruppen tauschen die Beteiligten ihre Argumente aus, warum Sie an der jeweiligen Position stehen. Diese Aspekte, die für oder gegen die These sprechen können analog auf Kärtchen oder bei entsprechender Ausstattung auch digital (z.B. auf einem Etherpad oder in Taskcards) gesammelt werden. In jeder Gruppe werden ein oder zwei Sprecher:innen bestimmt, die in einer abschließenden Diskussion für den Standpunkt der Gruppe sprechen. Eine neutrale Moderation ist dafür verantwortlich, dass alle Gruppen gleiche Redeanteile haben und die Diskussion beim Thema bleibt. Diese Rolle kann auch die Leitung der Veranstaltung übernehmen .

Medienkontakte im Alltag

Diese Aufgabe lässt sich besonders gut bei der Arbeit mit Eltern umsetzen. Hierzu sollen diese den Alltag mit ihren Kindern gedanklich durchgehen und dabei die Medienkontake ihrer Kinder in einer Zeittabelle aufschreiben. Die Moderation gibt dazu in Stichworten Denkanstöße, z.B. welche Medien im Familienalltag vorkommen. Oder welchen Medien Kinder im Alltag im öffentlichen Raum begegnen. Welche Medien nutzen Eltern und Kinder gemeinsam, welche nutzen Kinder eher alleine? Welche Medien stellen Elternhaus, Kindergarten oder andere Bezugspersonen zur Verfügung? Über welche Medien gibt es eventuell Diskussionen?
Die Tabelle wird ohne jegliche Wertung zwischen den Eltern verglichen – vermutlich kommen auf diese Weise für jeden noch Einträge hinzu. Dies bildet den Ausgangspunkt um zu überlegen, welche Chancen die Kinder haben, ihre Medienerfahrungen zu kommunizieren und gemeinsam zu reflektieren (Anschlusskommunikation). Idealerweise entwickeln sich aus einem solchen Elterngespräch neue Routinen und eine neue Aufmerksamkeit auf die Medienwelt im Familienalltag.

Projekte mit Medien gestalten

Die Teilnehmer:innen überlegen sich in Kleingruppen eine mögliche Projekteinheit für Kinder in einer Betreuungseinrichtung für Kinder von drei bis sechs Jahren. Dazu wählt zunächst jede Gruppe ein Projektthema aus. Dieses sollte an der Lebenswelt der Kinder andocken und idealerweise deren Wünsche bzw. Bedürfnisse aufgreifen. Allerdings soll nicht die Mediennutzung selbst thematisiert werden. Anregungen für die methodische Umsetzung entsprechender Projekte finden sich z. B. auf medienkompetenzerwerb.de.
Je nachdem, welche Rolle die Medien in dem Projekt spielen – eher im Fokus oder eher rein didaktisch – bieten sich unterschiedlich weitgehende Reflektionsmöglichkeiten. In jedem Fall kann so (ggf. mehrperspektivisch) die Medienkompetenz von Kindern gefördert werden.

Leitfaden erstellen

Egal in welchem Alter oder Umfang Menschen sich mit Medien befassen, braucht es Regeln und Richtlinien. Die Wichtigkeit von Vereinbarungen zur Medienzeit ist an vielen Stellen diskutiert; entsprechende Vorlagen und Informationen gibt es z. B. beim Internet-ABC oder der Initiative Schau hin! Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich unter der Überschrift „Zu viel ist ungesund“ auch auf dieser Website.
In der Reihe „… und es hat Klick gemacht“ hat die Clearingstelle Medienkompetenz gemeinsam mit katholisch.de eine Reihe von Informationen jeweils zu einem kurzen thematischen Video aufbereitet. Dies kann, in Verbindung mit weiterer Fachliteratur, für pädagogische Fachkräfte als Basis dienen, um gemeinsam einen Leitfaden für die Mediennutzung in der jeweiligen Einrichtung zu erstellen. Dieser Leitfaden kann als Grundlage für die Absprachen mit den Eltern und entsprechende Vereinbarungen mit den Kindern dienen. Dabei sollte nicht vergessen werden, wie sehr die eigene Mediennutzung eine Vorbildfunktion erfüllt – wir wirken immer mehr durch das, was wir tun, als durch das was wir sagen. Je nach Alter der Kinder, kann der Leitfaden auch mit den Kindern besprochen oder sogar in einer kindgemäßen Fassung gemeinsam erstellt werden. Der Leitfaden kann – wie eine Vereinbarung zur Medienzeit – auch von den Kindern und Betreuungspersonen unterschrieben werden. Das macht ihn zu einer klaren Vereinbarung und hilft so, besser und konfliktfreier mit Medien im Alltag umzugehen.

Für wen?

(Medien-)Pädagog:innen, Eltern, Lehrer:innen und Erzieher:innen

Bezugsmöglichkeiten

Die acht Kurzfilme sind auf der Videoplattform Vimeo unter dem Account der Deutschen Liga für das Kind e.V. veröffentlicht.

Fazit

Digitale Medien sind inzwischen im gesellschaftlichen und meist auch im privaten Alltag fest verankert. Die „Aufwachsen in der Medienwelt“-Videos machen diese Verankerung und die Präsenz der Medien besonders bei Kleinkindern deutlich und bieten Möglichkeiten und Inspirationen dafür, die Medien in dieser Altersstufe sinnvoll einzusetzen. Die Filme zeigen durch die Originaltöne verschiedene Ansätze und Meinungen und bieten damit eine Grundlage für eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Thematik. Obwohl die Videos einen guten Einstieg in das Thema ermöglichen, können sie sich in der Kürze der Zeit nicht mit dem gesamten Feld der Mediennutzung im Kleinkindalter befassen. Gerade wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungen finden in der Filmreihe wenig Platz. Jedoch werden einige wichtige Aspekte, Inhalte und Ideen angesprochen und auf die Bildfläche geholt, die den eigenen Horizont in Bezug auf die Thematik erweitern und die eigenen Einstellungen verändern können. Die Videos wecken das Interesse an der Thematik  und animieren zu einer weiteren Auseinandersetzung.

 

 

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