
Das Thema wird seit geraumer Zeit intensiv diskutiert und eine bundeseinheitliche Regelung scheint derzeit offenbar ausgeschlossen. Das Smartphone wird zunehmend aus deutschen Klassenzimmern verbannt und das ist nicht unumstritten. Während einige Bundesländer rigoros Verbote aussprechen, sind andere vorsichtiger. Gerade erst wurde das Handy-Verbot in Sachsen konkret und verursachte einen regelrechten Aufschrei. Was ist nun der Status quo in den Ländern und welche Positionen gibt es dazu? Wir versuchen, einen Überblick über den vorläufigen Stand zu geben.
Eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts bestätigt den Trend hin zu strengeren Regeln für den Handygebrauch an Schulen. Die Mehrheit der Deutschen spricht sich darin für ein Verbot von Mobiltelefonen aus. Sie unterstützen die bisherigen Maßnahmen und sehen vor allem die Gesundheit der Schulkinder durch den Gebrauch mobiler Endgeräte gefährdet. Auch befürchten die Befragten, dass die Aufmerksamkeit und die schulischen Leistungen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
Ansage von oben: Diese Bundesländer verbieten Smartphones in der Schule
Eine bundesweite Vorgabe für den Handy-Gebrauch an Schulen hat die Kultusministerkonferenz im Mai ausdrücklich abgelehnt. Dadurch entsteht ein Flickenteppich in Deutschland. Im Freistaat Bayern sind mobile Telefone an Grund- und Förderschulen beispielsweise grundsätzlich verboten, Gleiches wurde in Hessen entschieden, wo seit dem neuen Schuljahr neue Regeln gelten wie auch in Bremen. Hier dürfen Smartphones, Tablets oder Smartwatches nicht mehr privat in der Schule oder auf dem Schulgelände genutzt werden. Ausnahmen gelten für Oberstufen-Schüler:innen an weiterführenden Schulen. Auch in Sachsen hat man gerade ein Verbot in Grundschulen veranlasst. Brandenburg arbeitet derzeit an einem Verbot. Einige Bundesländer überlassen den Schulen, wie sie den Umgang mit mobilen Endgeräten reglementieren möchten. Dies gilt für Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. In Nordrhein-Westfalen sollen alle Schulen altersgerechte Regeln für die Nutzung mobiler Endgeräte erstellen.
Smartphone & Co. in europäischen Schulen – mehrheitlich Verbote
Wenn man sich in Europa umschaut, dann stehen die Zeichen überwiegend auf Verboten im Klassenzimmer. In Frankreich werden Mobilgeräte schon seit 2018 verbannt und das auch in den Pausen. Italienische Schüler:innen müssen ebenfalls auf ihre heiß geliebten Geräte verzichten, zumindest während des Unterrichts. Hierfür wurde jüngst ein bestehendes Gesetz verschärft. In Spanien sind einige Regionen bereits mit gesetzlichen Vorschriften aktiv geworden, während andere milder mit dem Thema umgehen. Großbritannien und die Niederlande sagen seit vergangenem Jahr „Nein“ zum Handy in der Schule. In Finnland gilt das Verbot seit August dieses Jahres und in Dänemark ist es zumindest geplant. Beim Nachbarn Österreich forderte die Lehrergewerkschaft ein Handyverbot und der neue Bildungsminister hat eine entsprechende Verordnung angekündigt. Auch in Schweden geht der Trend zum Analogen. So hat man hier digitale Medien seit kurzem wieder durch Schulbücher ersetzt.
Viele blicken aber auch etwas mehr in die Ferne, wenn es um das Digitale im Klassenraum geht. In Australien geht man nämlich noch einen Schritt weiter. Hier gilt seit kurzem ein generelles Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche. Das scheint einige Politiker:innen in Deutschland auf den Plan gerufen zu haben. Auch sie fordern eine Altersgrenze von 16 Jahren für die Nutzung sozialer Medien – ihnen erscheint ein Verbot in der Schule schlichtweg nicht genug. Diese Position spiegelt sich auch in der ifo-Umfrage wider: Die Mehrheit der Befragten wünscht sich ein solches Verbot.
Keine Einheitsregelung – Politiker:innen und Verbände diskutieren
Jüngst hat sich auch Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) zum Thema geäußert. Sie sieht vor allem den Schutz der Kinder im Vordergrund und möchte möglichst bald nachweisbare Erfolge sehen. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bekräftigte sie, dass lange Bildschirmzeiten negative Konsequenzen für Kinder und Jugendliche hätten. Gerade an Grundschulen solle die private Nutzung von Smartphones keinen Platz haben. Weiterführende Schulen hingegen sollten eine altersgerechte Nutzung forcieren. An die Eltern appellierte sie, sich verstärkt für den Schutz ihrer Kinder im digitalen Raum einzusetzen. Denn hier lauern reale Gefahren wie Cybermobbing oder Gewaltvideos. (dpa Sachsen, 2025)

Eltern sehen Schulen und Politik in der Pflicht
Das Kinderhilfswerk lehnte eine pauschale Regelung frühzeitig ab und hat nun gemeinsam mit dem Bundeselternrat, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) sowie dem Zentrum für digitalen Fortschritt D64 einen offenen Brief an Entscheidungsträger:innen bei Bund und Ländern veröffentlicht. Alle Gruppen eint die Forderung nach mehr Engagement bei der Vermittlung von Medienkompetenzen. Sie fordern keine pauschalen Smartphone-Verbote, sondern pädagogisch begründete und lokal abgestimmte Regelungen. So sollen Lehrkräfte und Schulen unter anderem das Thema Medienbildung als Querschnittsaufgabe oder als eigenständiges Unterrichtsfach verankern. „Pauschale Verbote entmündigen Kinder und Jugendliche“, sagt Kai Hanke, Geschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks. Solche Verbote stünden „in krassem Widerspruch zu ihrem in der UN-Kinderrechtskonvention garantierten Recht auf digitale Teilhabe.“
Eine solche Teilhabe sieht man auch auf Seiten der Pädagog:innen als essenziell an. Bereits Anfang 2024 hatten sich zahlreiche Lehrerverbände gegen ein generelles Smartphone-Verbot an weiterführenden Schulen ausgesprochen. Im Juli dieses Jahres forderte auch der Branchenverband Bitkom „Leitlinien statt pauschale Verbote“. In Hessen, wo das Verbot an Grundschulen seit einigen Wochen gilt, ist die Lehrerschaft überwiegend positiv gestimmt. So begrüße man das Gesetzesvorhaben der Landesregierung zur Schaffung einheitlicher rechtlicher Grundlagen für den Umgang mit digitalen Endgeräten an Schulen, heißt es in einer Erklärung. Allerdings gäbe es noch offene Fragen zu klären: „Warum kommt diese Regelung erst jetzt, nachdem Schulen in aufwendigen Prozessen bereits eigene Konzepte erarbeitet haben?“ beispielsweise. Auch eine mangelnde Unterrichtsverankerung stehe im Raum – Medienkompetenz werde gefordert, aber nicht durch verbindliche Unterrichtsstunden abgesichert.
Wissenschaftler:innen wollen langfristige Gefahren vorbeugen
Natürlich befasst sich auch die Wissenschaft mit dem Thema. Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt in einem im August veröffentlichten Papier, die Nutzung von Smartphones in Schulen bis einschließlich Klasse 10 zu verbieten. Die Forscher:innen plädieren generell für einen Kurs der Vorsicht, solange die Frage, ob es eine ursächliche Beziehung zwischen dem Gebrauch Sozialer Medien und der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gibt, noch nicht wirklich geklärt ist. Der bekannte und nicht unumstrittene Hirnforscher Manfred Spitzer warnte davor, digitale Medien würden die Leistungen der Schüler:innen eher verschlechtern als verbessern. Der Wissenschaftler ist für seine drastischen Aussagen bekannt und hatte zuvor bereits erklärt iPads für Fünfjährige seien „Körperverletzung mit Ansage“.
Schüler:innen fordern mindestens Nutzung in den Pausen
Die Betroffenen selbst, also die Schüler:innen sind nicht wirklich angetan von der Verbannung der für sie teilweise unverzichtbaren Geräte. Niedersachsens Schülerrat hält ein pauschales Handyverbot für unangebracht. „Viele nutzen ihre Handys, um mit Eltern oder Mitschülern in Kontakt zu bleiben oder sich auf den kommenden Schultag vorzubereiten“, teilte das Gremium mit. Ein Verbot bis in den späten Nachmittag hinein unterschätze die Bedeutung von Smartphones als Werkzeuge der Organisation und Kommunikation. Zumindest in den Pausen müsse es den Schüler:innen möglich sein, ihr Handy zu nutzen. Das Smartphone biete nämlich auch Chancen durch den Zugang zu Lern-Apps, digitalen Plattformen oder Recherchemöglichkeiten: „Statt pauschale Verbote auszusprechen, sollten digitale Geräte wie Smartphones punktuell in den Unterricht integriert werden.“. Kinder und Jugendliche sind auch positiver gegenüber Social Media eingestellt als Erwachsene. Forscher:innen sehen hier deren Angst, etwas zu verpassen als ausschlaggebend. (Landesschülerrat Niedersachsen, 2024)
Fazit
Pauschal Handys in den Schulen zu verbieten, dagegen richten sich zahlreiche Stimmen. Denn schließlich will man den Schüler:innen auch nicht wichtige Medienbildung vorenthalten, so dass andere sie am Ende noch im internationalen Vergleich medial abhängen. Ein bewusster Umgang und situative Regeln, das schwebt den meisten vor. Doch wie genau soll das umgesetzt werden? Darüber werden die verschiedenen Beteiligten wohl noch eine Weile zu diskutieren haben. In der Zwischenzeit müssen sich viele Schüler:innen in Deutschland erst einmal mit der Abwesenheit ihres Lieblingsgerätes abfinden.