Liebe Leserinnen und Leser,
„Totgesagte leben länger“ – das Sprichwort kommt mir in den Sinn, wenn ich lese, dass seit dem vor wenigen Wochen gestarteten neuen Schuljahr 2024/25 in Thüringen „Medienbildung“ neu in den Fächerkanon aufgenommen wurde. Baden-Württemberg will im Rahmen der Bildungsreform im kommenden Jahr „Informatik und Medienbildung“ als neues Schulfach einführen. Just unter diesem Titel gibt es das Fach bereits seit 2017 in Mecklenburg-Vorpommern. Auch Bayern und das Saarland haben ein eigenständiges Fach etabliert. In den meisten Bundesländern gibt es jedoch weder ein eigenständiges Schulfach noch eine Strategie für eine fächerübergreifende Vermittlung. Dabei hatte die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrem Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ bereits vor acht Jahren darauf hingewiesen, dass Medienbildung allein ebenso wenig ausreicht wie Informatik als Schulfach. Alle Bundesländer haben dazu Konzepte entwickelt – bis zum Schulfach hat es bei vielen aber noch nicht gereicht.
Nun war mit dem DigitalPakt Schule, der mit diesem Jahr ausläuft, ein finanzieller Rahmen gegeben, um die technischen Grundlagen für die Umsetzung der KMK-Strategie in den Ländern zu stützen. Logisch: Wo es nicht mal funktionierendes WLAN gibt, brauchen wir über digitale Tools im Unterricht gar nicht nachzudenken. Und einer aktuellen Übersicht der KMK zufolge sind rund 95 % des Gesamtvolumens tatsächlich bewilligt oder in abgeschlossenen Vorhaben verwendet.
Aber – auf die Gefahr hin mich zu wiederholen – technische Ausstattung ohne didaktische Qualifikation derer, die die Technik nutzen sollen, ist relativ sinnfrei. Denn kein Tool an sich macht besseren Unterricht aus und mit Digitalisierung allein werden Probleme nicht gelöst. Was es braucht, sind nach wie vor massive Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften. Und dass Medienpädagogik jenseits von (Fach-)Didaktik auf breiter Front in der Ausbildung von Lehrer:innen verankert worden wäre, war in den letzten Jahren leider immer noch nicht zu beobachten. Dabei ist diese Forderung, die unter anderem die Initiative Keine Bildung ohne Medien vertritt, nun wirklich ebenso alt wie gut begründet.
Es bedarf tatsächlich keiner KI um festzustellen, dass es nach wie vor keinen einheitlichen Ansatz zur Medienbildung in Deutschland gibt, da Bildung Ländersache ist. Nun gibt es gute Gründe für den Föderalismus; gerade die aktuellen tektonischen Verschiebungen in der politischen Landschaft sollten Warnung genug vor Experimenten mit unserer demokratischen Verfassung sein. Ob aber die zerklüftete Bildungslandschaft angesichts der massiven Herausforderungen durch Desinformation, Hass im Netz, Künstliche Intelligenz – um nur die gängigsten Buzzwords zu nennen – auf Dauer hilfreich ist, darf bezweifelt werden.
Herzliche Grüße
Prof. Andreas Büsch
Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz
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Themen und Termine
Zwischen Kunst und Künstlichkeit
Zahlreiche Workshops, Diskussionen und Fachvorträge widmen sich vom 15. bis 17. November in Rostock beim 41. Forum Kommunikationskultur der GMK der Frage, wie Medienbildung für eine postdigitale Gesellschaft aussehen soll und wie Menschen weiter selbstbestimmt, kritisch und kreativ an der Transformation mitwirken können.
Filmtipp – aus unserem Archiv
Schatten
Als Disponent in einer Notrufzentrale leitet Erik eingehende Notrufe an die entsprechende Dienststelle weiter. Eines Tages nimmt er den verzweifelten Anruf einer Mutter entgegen, die notärztliche Hilfe für ihr bewusstloses Kind erbittet. Für einen kurzen Moment ist Erik durch sein Smartphone abgelenkt – mit tragischen Folgen …
mekomat
GMK – Good Practice Sammlung gegen Hass im Netz
Hass und Hetze nehmen in sozialen Medien immer stärker zu. Das ist mittlerweile Allgemeinwissen. Doch wie damit umgehen? Mittlerweile 104 gelungene Beispiele für medienpädagogische Praxisprojekte und Materialien finden sich in der Good-Practice-Sammlung des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz. Die Sammlung wird ständig erweitert.
Zertifikatskurs #mepps
#mepps24 im September gestartet
Mit einem gemeinsamen Online-Kick-Off ist der 10. #mepps-Durchgang gestartet. Derzeit läuft ein Online-Prolog, in dem die Teilnehmenden erste Aufgaben, u. a. zur eigenen Medienbiographie, und in Form eines Flipped-Classrooms ein Storytelling-Angebot zu Basics der Medienpädagogik durcharbeiten. Nächste Woche treffen sich die Teilnehmenden bei der ersten Präsenzphase in Siegburg.
Kooperationspartner
GMK – Schriften zur Medienpädagogik
Unter dem Titel „UnSichtbarkeiten? Medienpädagogik, Intersektionalität und Teilhabe“ erscheint demnächst der 60. Band in der Reihe „Schriften zur Medienpädagogik“ mit den Artikeln zur Veranstaltung im vergangenen November. Die Beiträge werden sukzessive und kostenlos online zur Verfügung gestellt. Die ersten Artikel sind bereits verfügbar.
jugendschutz.net – Jahresbericht veröffentlicht
Das Gefährdungspotenzial von Kindern und Jugendlichen nimmt zu. Gerade KI macht es immer schwerer, Realität von Fälschung zu unterscheiden, und verstärkt Risiken wie sexualisierte Gewalt, Mobbing und Extremismus – so der zentrale Befund des Jahresberichts. 2023 bearbeitete jugendschutz.net 7.645 Verstoßfälle, ein Drittel davon zu sexualisierter Gewalt.
GAmM – Zivilcourage im Netz zeigen
Cybermobbing tut richtig weh. Wie junge Menschen mit dem Film „Du kannst es stoppen“ und dem dazugehörigen Quiz für das Thema sensibilisiert werden und Betroffenen helfen können, darüber spricht GAmM mit dem Sozial- und Medienpädagogen Philipp Reich. Film und Quiz sind entstanden im vom BMFSFJ geförderten Projekt „Demokratie leben“.
Fachstelle Medien – TikTok im religionspädagogischen Kontext
In der kostenlosen Online-Fortbildung am 15. Oktober dreht sich alles um die facettenreiche Welt von TikTok und dessen Einfluss auf Jugendkultur, Bildung und Ethik. Expert:innen ermöglichen tiefe Einblicke und regen mit vielfältigen Beispielen aus der Praxis und interaktiven Sessions zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Medium an.
klicksafe – 20 Jahre Einsatz für ein sicheres Internet
Unter dem Markennamen „klicksafe“ hat die EU-Initiative im Jahr 2004 die Arbeit in Deutschland aufgenommen. Klicksafe setzt sich seither für ein „Safer Internet“ durch Medienkompetenz ein und unterstützt aktiv Eltern, Schulen, Vereine, Behörden und Einrichtungen. Mehr als 13 Millionen Printmaterialien wurden bisher verschickt – zum Jubiläum gibt es 20 % Rabatt.
Tag der Kinderseiten
In Zeiten von Kriegen und Krisen ist es für Kinder besonders wichtig, sich kindgerecht informieren zu können. Unter dem Motto „Für Demokratie und Vielfalt“ lädt Seitenstark e. V. herzlich ein, sich am Tag der Kinderseiten am 21. Oktober mit einer eigenen Aktion einzubringen oder einfach nur die zahlreichen Beiträge auf der Website anzuschauen.
Tool des Monats
Nextcloud
Als Plattform für Zusammenarbeit bietet die Team-Software Nextcloud u. a. gemeinsame Dateiablage, Kalender, Kontakte und Aufgaben an. Mittels zahlreicher Apps können viele Funktionen hinzugefügt werden. Das Programm selbst ist open source. Wenn man die App nicht selbst installieren möchte, lassen sich günstige Hosting-Angebote finden.
Fundstücke
Die Banalisierung der Interaktivität
„Das Angebot ist interaktiv“ gilt als Gütekriterium in Bildungskontexten und als zentrales Kennzeichen der vierten Mediengattung, der digitalen Medien. In seinem – immer wieder lesenswerten – Blog kritisiert der Nürnberger Bildungswissenschaftler Axel Krommer die Rede von der Interaktivität als technisch tautologisch und pädagogisch banal.
Link- und Materialsammlung Kinder- und Jugendmedienschutz
In den DSGVO-konformen edumaps der Medienzentren Hessen findet sich neben vielen anderen Informationen eine umfassende Sammlung zum Thema Kinder- und Medienschutz. Von Cybermobbing über Social Media bis Verschwörungsmythen sind alle erdenklichen Kategorien vertreten und enthalten Infos, Angebote und Kontakte – eine wahre Fundgrube!
Wie digital bist Du?
Zu sechs Themengebieten können Sie mit dem Selbsttest „Digital Check NRW“ der GMK Ihr eigenes Wissen rund um digitale Medien verorten. Neu ist die Kategorie „Desinformation“. Darüber hinaus bietet die Website eine Datenbank mit Weiterbildungsangeboten und viele weitere Inhalte wie z. B. Erklärvideos und Infotexte. Einfach mal reinschauen!
Smartphone in der Schule – Was sagt PISA?
Angesichts sinkender Leistungen wird das Thema Smartphone in der Schule seit langem kontrovers und heftig diskutiert. Revolutioniert es das Lernen oder lenkt es vor allem vom Lernen ab? Das Deutsche Schulportal hat die wichtigsten Ergebnisse der letzten PISA-Studie in eindrucksvollen Infografiken veranschaulicht. Teilweise überraschende Ergebnisse, finden wir.
Mach‘ doch mal ein Kompliment!
Die Welt etwas besser machen? Das ist gar nicht so schwer! Seit 2016 bietet die Designerin Anna Sergeeva auf ihrer Website Komplimente in acht Sprachen an. Die PDF-Dateien enthalten mehrere Seiten mit je einem schönen Kompliment, die zum Aushang an öffentlichen Orten gedacht sind. Kleine Abreißschnipsel bieten Komplimente zum Mitnehmen.
Bildnachweise Editorial: Angelika Kamlage | Themen und Termine: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V. | Filmtipp: kfw | mekomat: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V | Zertifikatskurs: Stas Knop – Pexels | Kooperationspartner: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V. | jugendschutz.net | Jugendmedienzentrum T1 | Fachstelle Medien | klicksafe | Seitenstark e. V. | Tool des Monats: Nextcloud | Fundstücke: Dall-E | Edumaps | Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V. | Deutsches Schulportal | #thecomplimentproject
